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ALFRED DOVE:
Zeiten der Volksgeschichte gedacht. In solcher Hinsicht eröffnet
noch kurz vor dem Ausgang der Merovinger der Verfasser der 'Taten
der Frankenkönige^ sein Werk mit dem Programm: principium
Francorum gentis et originem vel regum gesta proferamus; worauf
zunächst eben der gens zu Ehren die Fabel vom trojanischen
Ursprunge der Franken vorgetragen wird^. Auf die Gegenwart aber
beziehen sich nur vereinzelte Wendungen. So bei Gregor das Wort
des Königs Chilperich: ego haec ad exornandam atque nobilitandam
Francorum gentem feci; oder die angebliche Botschaft des Lango-
bardenkönigs Authari an den Merovinger Gunthram: nos sub-
jecti atque fideles vobis gentique vestrae esse desideramus^; oder
endlich die eigene Kfage des Geschichtschreibers, daß die Bürger-
kriege Francorum gentem et regnum zugrunde richten^. Auch For-
tunat steht einmal König und Nation einander gegenüber: con-
jugio regis gens sua vota videt; was jedoch wenig besagt, da er
andernorts oberflächlich zwischen gens und populus abwechselt:
^ Gesta lsq. — Cf. Greg. Tur. II, 10 Chlogionem utilem ac nobilissi-
mum in gente sua regem fuisse Francorum; II, 12 Childericus cum regnaret
super Francorum gentem. Gesta 7 ejecerunt Romani opprimentes gentem
vestram de terra eorum; 15 habeas foedus et pacem cum Chlodoveo et gente
Francorum. Daß an allen diesen Stellen strenggenommen unter gens Franco-
rum nur die Salier verstanden werden, liegt in der Natur der Sache und wird
noch weiterhin zur Sprache kommen.
2 Greg. Tur. VI, 2; X, 3. DAHN, Urgesch. der germ. u. roman. A'ölker
III, 468 A. 1 will an letzterem Orte gentique vestrae auf das Ivönigshaus be-
ziehen; aliein wenige Zeilen weiter heißt es in derselben Botschaft des Apta-
charius vestra scilicet nostraque gentesalvata, wasnachDAHNseigenerÜber-
setzung nur auf die Völker gehen kann. Auch ist der Ausdruck staatsrecht-
lich ganz korrekt, da die Unterwerfung eines fremden Volkes und seines
Herrschers unter einen rex Francorum notwendig zugleich die Oberhoheit der
Franci oder mit anderen Worten der gens Francorum über jenes begründete.
— Richtig ist indes, daß gens bei Gregor (neben generatio und stirps) einige-
mal für das königliche Geschlecht vorkommt; s. die Stellen bei WAiTz, II,
U S. 140 A. 2. Ähnlich braucht Fredegar gens von der Familie: 52 de gente
nobiii Agilolfinga; 34 de gente nobili Langobardorum; ebenso Venant. Fortu-
nat. IX, 5 belligeri veniens Chlodovechi gente potenti; λΤ, 2 spes gentis opi-
mae usw. Auch Einharts Vita Caroli beginnt mit den Worten gens Meroin-
gorum, und Beda nennt dieselben gens Francorum regia (h. eccl. I, 25).
^ Greg. Tur. V praef. Wenn es weiter unten heißt cavete (o reges) bella
civilia, quae vos populumque vestrum expugnant, so sind da freilich alle
Untertanen der Merovinger gemeint; unter gens Francorum aber kann Gregor,
wie er beide Worte einzeln durchweg verwendet und wie hier überdies die
Verbindung mit regnum beweist, schlechterdings nur die echten Franken
verstanden haben.
ALFRED DOVE:
Zeiten der Volksgeschichte gedacht. In solcher Hinsicht eröffnet
noch kurz vor dem Ausgang der Merovinger der Verfasser der 'Taten
der Frankenkönige^ sein Werk mit dem Programm: principium
Francorum gentis et originem vel regum gesta proferamus; worauf
zunächst eben der gens zu Ehren die Fabel vom trojanischen
Ursprunge der Franken vorgetragen wird^. Auf die Gegenwart aber
beziehen sich nur vereinzelte Wendungen. So bei Gregor das Wort
des Königs Chilperich: ego haec ad exornandam atque nobilitandam
Francorum gentem feci; oder die angebliche Botschaft des Lango-
bardenkönigs Authari an den Merovinger Gunthram: nos sub-
jecti atque fideles vobis gentique vestrae esse desideramus^; oder
endlich die eigene Kfage des Geschichtschreibers, daß die Bürger-
kriege Francorum gentem et regnum zugrunde richten^. Auch For-
tunat steht einmal König und Nation einander gegenüber: con-
jugio regis gens sua vota videt; was jedoch wenig besagt, da er
andernorts oberflächlich zwischen gens und populus abwechselt:
^ Gesta lsq. — Cf. Greg. Tur. II, 10 Chlogionem utilem ac nobilissi-
mum in gente sua regem fuisse Francorum; II, 12 Childericus cum regnaret
super Francorum gentem. Gesta 7 ejecerunt Romani opprimentes gentem
vestram de terra eorum; 15 habeas foedus et pacem cum Chlodoveo et gente
Francorum. Daß an allen diesen Stellen strenggenommen unter gens Franco-
rum nur die Salier verstanden werden, liegt in der Natur der Sache und wird
noch weiterhin zur Sprache kommen.
2 Greg. Tur. VI, 2; X, 3. DAHN, Urgesch. der germ. u. roman. A'ölker
III, 468 A. 1 will an letzterem Orte gentique vestrae auf das Ivönigshaus be-
ziehen; aliein wenige Zeilen weiter heißt es in derselben Botschaft des Apta-
charius vestra scilicet nostraque gentesalvata, wasnachDAHNseigenerÜber-
setzung nur auf die Völker gehen kann. Auch ist der Ausdruck staatsrecht-
lich ganz korrekt, da die Unterwerfung eines fremden Volkes und seines
Herrschers unter einen rex Francorum notwendig zugleich die Oberhoheit der
Franci oder mit anderen Worten der gens Francorum über jenes begründete.
— Richtig ist indes, daß gens bei Gregor (neben generatio und stirps) einige-
mal für das königliche Geschlecht vorkommt; s. die Stellen bei WAiTz, II,
U S. 140 A. 2. Ähnlich braucht Fredegar gens von der Familie: 52 de gente
nobiii Agilolfinga; 34 de gente nobili Langobardorum; ebenso Venant. Fortu-
nat. IX, 5 belligeri veniens Chlodovechi gente potenti; λΤ, 2 spes gentis opi-
mae usw. Auch Einharts Vita Caroli beginnt mit den Worten gens Meroin-
gorum, und Beda nennt dieselben gens Francorum regia (h. eccl. I, 25).
^ Greg. Tur. V praef. Wenn es weiter unten heißt cavete (o reges) bella
civilia, quae vos populumque vestrum expugnant, so sind da freilich alle
Untertanen der Merovinger gemeint; unter gens Francorum aber kann Gregor,
wie er beide Worte einzeln durchweg verwendet und wie hier überdies die
Verbindung mit regnum beweist, schlechterdings nur die echten Franken
verstanden haben.