Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens.
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haben^. Zugleich jedoch zeigt sich hier, wenigstens an dem Beispiel
der Franken, recht deutlich, daß mit dem neuen Gesamtnamen
nicht sofort eme wahrhaft reale Gentilität verbunden zu sein
braucht. Nicht die Franken überhaupt, sondern die Salier speziell
sind dem Julian oder Zosimos ein wirkhches έ-9-νος; ja es unter-
liegt keinem Zweifel, daß in noch viel späterer Zeit, selbst nach
der durchgreifenden pofitischen Einigung des fränkischen Stammes,
wie sie Ghlodovech vollbrachte, der Ausdruck gens Francorum
neben seiner umfassenderen Bedeutung doch auch die salische
gens an sich afs Frankenvolk χκτ'έξοχήν bezeichnet hat. In
diesern Sinne glänzt der Name irn Prolog zum salischen Volksrecht;
und ebenso A^erstehen ihn die Geschichtschreiber da, wo sie von den
in der Tat rein salischen Anfängen der Beichsentwicklung sprechen.
So wirkt, obwohl der Schwerpunkt der gentilen Idee in die weitere
Sphäre des Großfrankentums verlegt worden, m historischer
Erinnerung wie in der Praxis des persönlichen Bechtes auch der
engere ethnische Begriff noch lange fort^.
Einen ähnlichen Ubergangszustand, wenngleich auch wieder
imn besonderer Form, lehrt uns ein Blick auf die nationalen Ver-
hältnisse der Angelsachsen kennen, wie sie von Beda so klar und
sicher dargestellt werden. Sucht man bei lhm nach der exten-
siven Geltung des Begriffes der gens, so springt sofort m die Augen,
daß zu Anfang des 8. Jahrhunderts im angelsächsischen Bereich
vorzüglich die Bevölkerungen der sechs oder sieben emzelnen
Ivönigreiche als ebensoviele wirkliche und leibhaftige gentes be-
trachtet wurden. Nicht bloß werden, wie bereits erwähnt, rex
i Vgl. WAiTz, Vfg. II, 13 S. 8ff.
^ Julian το Σκλίούν ε8νος, ZosimuSTO Σκλίωνε-8νος, Φράγκ(ύν άπόμοψον
s. ZEUSS 331 f. — Bei Cregor von Tours bedeutet gens Francorum, wo von
der salischen Vergangenheit allein die Rede ist, selbstverständlich die Salier für
sich; in den seltenen (o. S. 82, A.2 u. 3 angeführten) Fällen, wo er diesen Aus-
druck auf die Gegenwart anwendet, ist es dagegen nicht nötig, an eine solche
Einschränkung des Begriffes zu denken; ebensowenig wie beim Franken-
namen schlechthin. — Wenn bei Prokop und Agathias die Franken bald als
ε-9-νος, bald als ε8-νγ, hier als γένος, dort als φΰλοί, erscheinen (Procop. b.
Goth. II, 25; 28; I, 11; Agath. 1, 3; I, 2; II, 12; II, 10), so haben diese ent-
fernten Beobachter dabei schwerlich an Saiier und Ripuarier speziell gedacht.
In ihrer schwankenden Ausdrucksweise malen sich vielmehr die großen Gegen-
sätze des Merovingerreiches überhaupt, das zugleich einig und geteilt (Agath.
I, 2; 3), wesentlich fränkisch und doch auch wieder ethnisch bunt zusammen-
gesetzt ist (Proc. b. Goth. I, 13).
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haben^. Zugleich jedoch zeigt sich hier, wenigstens an dem Beispiel
der Franken, recht deutlich, daß mit dem neuen Gesamtnamen
nicht sofort eme wahrhaft reale Gentilität verbunden zu sein
braucht. Nicht die Franken überhaupt, sondern die Salier speziell
sind dem Julian oder Zosimos ein wirkhches έ-9-νος; ja es unter-
liegt keinem Zweifel, daß in noch viel späterer Zeit, selbst nach
der durchgreifenden pofitischen Einigung des fränkischen Stammes,
wie sie Ghlodovech vollbrachte, der Ausdruck gens Francorum
neben seiner umfassenderen Bedeutung doch auch die salische
gens an sich afs Frankenvolk χκτ'έξοχήν bezeichnet hat. In
diesern Sinne glänzt der Name irn Prolog zum salischen Volksrecht;
und ebenso A^erstehen ihn die Geschichtschreiber da, wo sie von den
in der Tat rein salischen Anfängen der Beichsentwicklung sprechen.
So wirkt, obwohl der Schwerpunkt der gentilen Idee in die weitere
Sphäre des Großfrankentums verlegt worden, m historischer
Erinnerung wie in der Praxis des persönlichen Bechtes auch der
engere ethnische Begriff noch lange fort^.
Einen ähnlichen Ubergangszustand, wenngleich auch wieder
imn besonderer Form, lehrt uns ein Blick auf die nationalen Ver-
hältnisse der Angelsachsen kennen, wie sie von Beda so klar und
sicher dargestellt werden. Sucht man bei lhm nach der exten-
siven Geltung des Begriffes der gens, so springt sofort m die Augen,
daß zu Anfang des 8. Jahrhunderts im angelsächsischen Bereich
vorzüglich die Bevölkerungen der sechs oder sieben emzelnen
Ivönigreiche als ebensoviele wirkliche und leibhaftige gentes be-
trachtet wurden. Nicht bloß werden, wie bereits erwähnt, rex
i Vgl. WAiTz, Vfg. II, 13 S. 8ff.
^ Julian το Σκλίούν ε8νος, ZosimuSTO Σκλίωνε-8νος, Φράγκ(ύν άπόμοψον
s. ZEUSS 331 f. — Bei Cregor von Tours bedeutet gens Francorum, wo von
der salischen Vergangenheit allein die Rede ist, selbstverständlich die Salier für
sich; in den seltenen (o. S. 82, A.2 u. 3 angeführten) Fällen, wo er diesen Aus-
druck auf die Gegenwart anwendet, ist es dagegen nicht nötig, an eine solche
Einschränkung des Begriffes zu denken; ebensowenig wie beim Franken-
namen schlechthin. — Wenn bei Prokop und Agathias die Franken bald als
ε-9-νος, bald als ε8-νγ, hier als γένος, dort als φΰλοί, erscheinen (Procop. b.
Goth. II, 25; 28; I, 11; Agath. 1, 3; I, 2; II, 12; II, 10), so haben diese ent-
fernten Beobachter dabei schwerlich an Saiier und Ripuarier speziell gedacht.
In ihrer schwankenden Ausdrucksweise malen sich vielmehr die großen Gegen-
sätze des Merovingerreiches überhaupt, das zugleich einig und geteilt (Agath.
I, 2; 3), wesentlich fränkisch und doch auch wieder ethnisch bunt zusammen-
gesetzt ist (Proc. b. Goth. I, 13).