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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0017
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Die Göttin Psyche.

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satz 'Himmelswanderung und Drachenkampf in der alchemisti-
schen und frühchristlichen Literatur’ behandelt habe1. Freilich
handelt es sich dort um das Kleinod, oder besser um das geheime
Wissen und die Kraft, die der Königssohn oder Gottessohn aus
dem Totenreiche holt; der offenbar ursprüngliche Zusammenhang
mit der Kosmogonie ist aufgegeben2. Aber die Einzelzüge ver-
raten sich noch ganz als aus ihr entnommen; man vergleiche die
Rolle des Briefes in der persischen Fassung, also dem Seelenhymnus
der Thomas-Akten, der Isis in dem ägyptischen Zauber, der gött-
lichen Helfer in den alchemistischen Schriften mit den mandäischen
und manichäischen Parallelen. In jener Fassung sind, wie a. a. 0.
ausgeführt ist, die Wechselwirkungen der persischen und ägypti-
schen Religion auch literarisch bezeugt; selbst Einwirkung der
babylonischen Kosmogonie auf die persische ließ sich fast sicher
erweisen. Zugleich zeigt die reiche Literatur, die bis in die Früh-
zeit des Hellenismus hin auf reicht, fast alle Hauptformen religiöser
Literatur. Die einfache Mythenerzählung geht in die abkürzende
Zauberformel über oder erweitert sich zur kunstvollen Darstellung,
bei dem Perser im Märchenton, bei dem Ägypter im Stil der Zauber-
novelle, oder sie wird zur geheimnisvollen Einführung von Offen-,
barungsschriften benutzt. Aber bei all diesen Wandlungen wird
dennoch der ursprüngliche religiöse Sinn noch dunkel empfunden.
Das farbenprächtige 'Märchen’ des Seelenhymnus . der Thomas-
Akten wird in demselben Sinne wie der demotische Zauber gegen
Schlangenbiß gebraucht; wer sich durch den Stil und die Be-
schreibung der Reise des Königssohnes3 täuschen ließe und trotz-
dem wirklich an ein Märchen glauben wollte, könnte jetzt an dem
Liede aus dem Johannesbuch die ursprünglichen Zusammenhänge
erkennen. Der Stil entscheidet nie über das Wesen der Erzäln
lung; er richtet sich nach dem Kreise, auf den der Autor
wirken will, seinem Zweck und der literarischen Tradition, in
der er steht.
1 Vgl. früher Hellenistische W ander er Zahlungen S. 103 ff. (dort auch ein
Teil der Texte).
2 Wie umgekehrt in dem Liede des Johannesbuches der eigentliche
Kampf mit dem Drachen, während doch die Erwähnungen der reißenden
und giftigen Tiere den manichäischen Texten entsprechen. Es handelt sich
um die nachträgliche Differenzierung der Fassungen eines Mythos.
3 Sie ist übrigens ähnlich in der ägyptischen Zaubernovelle (Nenefer-
kaptah).

Sitzungsberichte der Iieidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1917. 10. Abh.

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