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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0022
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22

R. Reitzenstein :

ces sensuelles, de toute chose materielle, et qu’etant une fois delivree
de tont celci, eile restera ά jamais dans la beatitude du monde spirituel.
Eine starke Ähnlichkeit mit dem iranischen Mythos von dem
ersten Menschen, der, von der ύλη überwältigt und gefangen, aus
ihr endlich wieder befreit wird, fällt sofort in die Augen. Es ist
wichtig, daß für den ersten Menschen in den manichäischen Quellen
auch die Weltseele eingetreten ist. Auch sie wird dereinst befreit
werden und gibt mit ihrem Erleben das typische Vorbild für die
Einzelseele. — Anderseits berührt sich die harranitische Quelle
auch wieder mit den chaldäischen Orakeln; auch sie kennen ja mit
dem νους ( ?) verbunden eine δυάς, die sich als νόησις und αΐ'σ&ησις
bezeichnen läßt, vgl. Kroll S. 14:
δυάς παρά τωδε κά-9-ηται,,
άμφότερον γάρ έχει, νω μέν κατέχειν τά νοητά,
αΙ'σΕησί,ν δ’ έπάγειν κόσμοις.
Schon jetzt läßt sich die Frage aufwerfen, ob diese orien-
talische Lehre aus dem Timaios des Plato stammen kann oder
ob umgekehrt Plato von irgend einer orientalischen Lehre beein-
flußt sein muß. Ich glaube, wir können beides verneinen. Für Plato
ist die Seele der Urgrund der Bewegung und des Lebens; notwen-
dig muß er auch dem κόσμος hine Seele zuschreiben; die weiteren
Folgerungen für seine Kosmogonie ergeben sich von selbst; es
ist also nicht nötig, einen Zusammenhang zu suchen, der sich
nie nachweisen, ja schwer auch nur als denkbar erweisen ließe.
Für jene innerasiatische Religion, deren Spuren wir bisher ver-
folgen, bildet die Grundlage offenbar eine mit der Kosmogonie
verbundene Erlösungslehre, die sich bald an eine männliche, bald
an eine weibliche Gottheit knüpft. Es ist ein großes Weltdrama,
das Erleben der Gottheit vorbildlich für den Menschen. Gerade
dieser Grundgedanke stammt nicht aus Plato, findet sich aber
in den verschiedensten Naturreligionen wieder. Wir dürfen den
Namen und philosophischen Begriff Weltseele nicht einseitig be-
tonen. An sich ist der Gedanke eines allgemeinen göttlichen Lebens-
prinzips oder Seele nicht fremdartiger als der Begriff der Menschen-
seele. Nur auf die spätere Deutung und Systembildung kann die
Philosophie miteinwirken. Ich nehme ein Beispiel. Bei den Harra-
nitern werden Tempel der ersten Ursache bezeugt. Daß wir nicht
an Chrysipp als Quelle dieser Vorstellung denken dürfen, zeigt
Plutarch Crassus 17, der von der Göttin von Hierapolis (der dea
Syria) sagt ήν oi μέν Άφροδίτην, οι δέ "Ηραν, οί δέ την άρχάς καί
 
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