Die Göttin Psyche.
39
Aus den Andeutungen über Hermes, Moira und Kronos würde
man gewiß nicht den iranischen Ursprung der κοσμοποιία erschließen
dürfen. Aber steht er sonst fest, so widersprechen sie auch nicht.
Bestätigend tritt weiter gerade die Beschreibung des Hvarenö
hinzu, die beste und anschaulichste, die wir griechisch haben.
Sie zeigt, daß auch in den Zusätzen der zweiten Fassung die Grund-
lage iranisch ist. Mit den chaldäischen Orakeln ferner stimmt
die Grundanschauung von einer siebenmaligen Schöpfung von Ein-
zelgöttern durch den Urgott überein, vgl. Damascius I 237, 11
ώς ο έπταχή προϊών όλος δημιουργός παρά τοΐς Χαλδαίοις. Δίς γάρ
έκαστος επέκεινα άνυμνεΐται. Die Worte Δίς έπέκεινα gehören der
Terminologie jener Orakel an; bei Damascius I 240, 25 sind es
sogar sieben δίς επέκεινα δημιουργοί, wie in der κοσμοποιία sieben προ-
φανέντες ·9εοί, οίτινες τον κόσμον περιέχουσιν. Dann ist es entscheidend,
daß zu ihnen in den Orakeln’ wie in der κοσμοποιία die Psyche gehört,
nicht entscheidend, daß sie in ersteren (wenigstens in dem einen
Orakel, aus dem das Fragment erhalten ist) an dritter oder vierter
Stelle, in der κοσμοποιία aber an siebenter erscheint. Umstellun-
gen konnten von verschiedenen Propheten leicht vorgenommen
werden. Ist doch Κρόνος auch in der κοσμοποιία umgestellt worden.
Mit dem Erscheinen der Psyche beginnt für uns die große
Überraschung. Denn was wir nun in der κοσμοποιία lesen, die ja
sicher älter, wahrscheinlich sogar sehr viel älter als Mani ist, stimmt
nicht nur ganz zu ihm, sondern wird auch erst aus ihm verständ-
lich. Wir erhalten die urkundliche Bestätigung, daß Mani, dieses
Urbild eines Gnostikers, in diesem Teil nur altiranische Mythen
wiederholt und für sich zurechtbiegt. Wohl stimmte in dem ersten
Teil nicht zu Mani die Schöpfung des Herrschers der Materie
(des 9-εός έπί τής άβύσσου) durch denselben Urgott, der auch
den Herrscher des Lichtes geschaffen hat; aber sie stimmte zu älterer
iranischer Lehre, wie Prof. Andreas hoffentlich bald näher aus-
führen wird. Jetzt folgt, ganz zu Mani stimmend, das Aufbäumen
der Materie (Finsternis) gegen den Lichtgott und sein Reich, das von
Mani am Schluß der ersten Schöpfung berichtet wird. Offen wird
hier gesagt, daß der Lichtgott sich fürchtete und glaubte, einen
Stärkeren zu erblicken1. Daß die Erscheinung des 'Drachens’
ganz der bei Mani entspricht, wird uns später beschäftigen. Wohl
1 Mani sucht es zu verschleiern, aber, wie die immer wiederholte Pole-
mik der Kirchenväter zeigt, ohne rechten Erfolg.
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Aus den Andeutungen über Hermes, Moira und Kronos würde
man gewiß nicht den iranischen Ursprung der κοσμοποιία erschließen
dürfen. Aber steht er sonst fest, so widersprechen sie auch nicht.
Bestätigend tritt weiter gerade die Beschreibung des Hvarenö
hinzu, die beste und anschaulichste, die wir griechisch haben.
Sie zeigt, daß auch in den Zusätzen der zweiten Fassung die Grund-
lage iranisch ist. Mit den chaldäischen Orakeln ferner stimmt
die Grundanschauung von einer siebenmaligen Schöpfung von Ein-
zelgöttern durch den Urgott überein, vgl. Damascius I 237, 11
ώς ο έπταχή προϊών όλος δημιουργός παρά τοΐς Χαλδαίοις. Δίς γάρ
έκαστος επέκεινα άνυμνεΐται. Die Worte Δίς έπέκεινα gehören der
Terminologie jener Orakel an; bei Damascius I 240, 25 sind es
sogar sieben δίς επέκεινα δημιουργοί, wie in der κοσμοποιία sieben προ-
φανέντες ·9εοί, οίτινες τον κόσμον περιέχουσιν. Dann ist es entscheidend,
daß zu ihnen in den Orakeln’ wie in der κοσμοποιία die Psyche gehört,
nicht entscheidend, daß sie in ersteren (wenigstens in dem einen
Orakel, aus dem das Fragment erhalten ist) an dritter oder vierter
Stelle, in der κοσμοποιία aber an siebenter erscheint. Umstellun-
gen konnten von verschiedenen Propheten leicht vorgenommen
werden. Ist doch Κρόνος auch in der κοσμοποιία umgestellt worden.
Mit dem Erscheinen der Psyche beginnt für uns die große
Überraschung. Denn was wir nun in der κοσμοποιία lesen, die ja
sicher älter, wahrscheinlich sogar sehr viel älter als Mani ist, stimmt
nicht nur ganz zu ihm, sondern wird auch erst aus ihm verständ-
lich. Wir erhalten die urkundliche Bestätigung, daß Mani, dieses
Urbild eines Gnostikers, in diesem Teil nur altiranische Mythen
wiederholt und für sich zurechtbiegt. Wohl stimmte in dem ersten
Teil nicht zu Mani die Schöpfung des Herrschers der Materie
(des 9-εός έπί τής άβύσσου) durch denselben Urgott, der auch
den Herrscher des Lichtes geschaffen hat; aber sie stimmte zu älterer
iranischer Lehre, wie Prof. Andreas hoffentlich bald näher aus-
führen wird. Jetzt folgt, ganz zu Mani stimmend, das Aufbäumen
der Materie (Finsternis) gegen den Lichtgott und sein Reich, das von
Mani am Schluß der ersten Schöpfung berichtet wird. Offen wird
hier gesagt, daß der Lichtgott sich fürchtete und glaubte, einen
Stärkeren zu erblicken1. Daß die Erscheinung des 'Drachens’
ganz der bei Mani entspricht, wird uns später beschäftigen. Wohl
1 Mani sucht es zu verschleiern, aber, wie die immer wiederholte Pole-
mik der Kirchenväter zeigt, ohne rechten Erfolg.