Die Göttin Psyche.
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wendig verbunden; sie bilden das Wesen der diesseitigen Welt,
die in schroffstem Gegensatz zu der immateriellen steht; weil
beide Welten sich gegenseitig ausscbließen und verneinen, kann,
wer der Empfindung eines πάθος noch fähig ist, keinerlei Teil an
der immateriellen Welt haben (III 7 Fortsetzung). Das ist die
Grundstimmung asketischer Gnosis.
Es ist daher nicht ganz wunderbar, daß sich mit dieser Grund-
stimmung zugleich die eigentümliche Triade der πάθη bei den
Valentinianern wiederfindet1. Freilich ist bei ihnen der Begriff
der απορία anders gefaßt.
Ich prüfe zunächst wieder die Hauptstellen und nehme die
eine voraus, an der sich das Referat des Irenaeus, das ich zugrunde
lege, einerseits mit der κοσμοπο'da des Asonakes, anderseits mit
der Schilderung der Leiden der Psyche in dem Naassenerhymnus
so nahe berührt, daß man es sogar zu der Wiederherstellung des
Wortlautes dieses Hymnus mit Recht verwendet; er wird tat-
sächlich vorausgesetzt und berücksichtigt, nicht ganz so stark wie
der Attis-Hymnus in der Naassenerpredigt, aber doch ähnlich.
Es handelt sich nicht um die Seele, sondern um die Weisheit (Acha-
moth; die offizielle griechische Wiedergabe des Wortes durch
Ένθύρησις soll sie von einer ersten, höheren Weisheit unter-
scheiden; doch ist der intellektualistische Charakter der Begriffs-
bildung klar). Die Worte des Berichtes lauten (Iren. 1 4, 1—2):
μορφωθεΐσαν δέ αύτήν καί έμφρονα γενηθεΐσαν, παραυτίκα δέ κενω-
θεΐσαν του άοράτως αύτή συνόντος Λόγου (τουτέστιν του Χρίστου) επί
ζήτησιν όρμήσαι του καταλιπόντος αύτήν φωτός, καί μή δυνηθήναι κατα-
λαβει αύτό διά τό κωλυθήναι υπό του "Ορου, καί ενταύθα τον "Ορον
κωλύοντα αύτήν τής εις τούμπροσθεν ορμής είπεΐν Ίάω, όθεν τό Πάω
όνομα γεγενήσθαι φάσκουσιν2. Μή δυνηθεΐσαν δέ διοδευσαι τον "Ορον
1 Die Grunclstimmung kehrt überall wieder; überall ist der εμπαθής
notwendig von der immateriellen Welt ausgeschlossen; aber in der Bestim-
mung und Aufzählung der πάθη zeigt sich die stärkere oder schwächere Ein-
wirkung der Philosophie (man denke an die Sonderstellung, die Euagrios dem
Zorn einräumt). Eben darum ist es entscheidend für die Stärke des griechi-
schen Einflusses, ob sich die stoische Lehre von den πάθη in einer gnostischen
Schrift findet.
2 In dem Bericht des Asonakes hindert der Gott Jao nach der Er-
schaffung der Psyche die Materie bis zum Himmel emporzusteigen; auch hier
ist es der befehlende Ruf, der zugleich Gottesname wird. Auf die Stellung
des Jao in der ophitischen Lehre vom Aufstieg der Seele (Origenes, Contra
Celsum VI 21 p. 101, 12 Kötschau) verweise ich nur.
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wendig verbunden; sie bilden das Wesen der diesseitigen Welt,
die in schroffstem Gegensatz zu der immateriellen steht; weil
beide Welten sich gegenseitig ausscbließen und verneinen, kann,
wer der Empfindung eines πάθος noch fähig ist, keinerlei Teil an
der immateriellen Welt haben (III 7 Fortsetzung). Das ist die
Grundstimmung asketischer Gnosis.
Es ist daher nicht ganz wunderbar, daß sich mit dieser Grund-
stimmung zugleich die eigentümliche Triade der πάθη bei den
Valentinianern wiederfindet1. Freilich ist bei ihnen der Begriff
der απορία anders gefaßt.
Ich prüfe zunächst wieder die Hauptstellen und nehme die
eine voraus, an der sich das Referat des Irenaeus, das ich zugrunde
lege, einerseits mit der κοσμοπο'da des Asonakes, anderseits mit
der Schilderung der Leiden der Psyche in dem Naassenerhymnus
so nahe berührt, daß man es sogar zu der Wiederherstellung des
Wortlautes dieses Hymnus mit Recht verwendet; er wird tat-
sächlich vorausgesetzt und berücksichtigt, nicht ganz so stark wie
der Attis-Hymnus in der Naassenerpredigt, aber doch ähnlich.
Es handelt sich nicht um die Seele, sondern um die Weisheit (Acha-
moth; die offizielle griechische Wiedergabe des Wortes durch
Ένθύρησις soll sie von einer ersten, höheren Weisheit unter-
scheiden; doch ist der intellektualistische Charakter der Begriffs-
bildung klar). Die Worte des Berichtes lauten (Iren. 1 4, 1—2):
μορφωθεΐσαν δέ αύτήν καί έμφρονα γενηθεΐσαν, παραυτίκα δέ κενω-
θεΐσαν του άοράτως αύτή συνόντος Λόγου (τουτέστιν του Χρίστου) επί
ζήτησιν όρμήσαι του καταλιπόντος αύτήν φωτός, καί μή δυνηθήναι κατα-
λαβει αύτό διά τό κωλυθήναι υπό του "Ορου, καί ενταύθα τον "Ορον
κωλύοντα αύτήν τής εις τούμπροσθεν ορμής είπεΐν Ίάω, όθεν τό Πάω
όνομα γεγενήσθαι φάσκουσιν2. Μή δυνηθεΐσαν δέ διοδευσαι τον "Ορον
1 Die Grunclstimmung kehrt überall wieder; überall ist der εμπαθής
notwendig von der immateriellen Welt ausgeschlossen; aber in der Bestim-
mung und Aufzählung der πάθη zeigt sich die stärkere oder schwächere Ein-
wirkung der Philosophie (man denke an die Sonderstellung, die Euagrios dem
Zorn einräumt). Eben darum ist es entscheidend für die Stärke des griechi-
schen Einflusses, ob sich die stoische Lehre von den πάθη in einer gnostischen
Schrift findet.
2 In dem Bericht des Asonakes hindert der Gott Jao nach der Er-
schaffung der Psyche die Materie bis zum Himmel emporzusteigen; auch hier
ist es der befehlende Ruf, der zugleich Gottesname wird. Auf die Stellung
des Jao in der ophitischen Lehre vom Aufstieg der Seele (Origenes, Contra
Celsum VI 21 p. 101, 12 Kötschau) verweise ich nur.