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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0074
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R. Reitzenstein:

mel und die Gestirne als Lohn und droht den ungehorsamen mit
Fesselung und Strafe. Es handelt sich bisher nur um die Lichtwelt.
Nicht ganz in Einklang steht hiermit die Fortsetzung S.391, 1 ff.
Aus den übrig gebliebenen, unter sich verwandten Elementen,
Wasser und Erde, schafft Gott τά ανθρωποειδή των ζώων. Also
sind Feuer und Luft vorher für die Seelen verwendet worden;
dabei aber werden πνεύμα θειον und νοερόν πυρ erwähnt, die
zwei Elemente des Lichtreiches. So wird es sich auch hier um die
Lichterde und das Lichtwasser handeln. Aus ihnen kann natürlich
der Menschenleib nicht bestehen; auch wird die Schöpfung des
Menschen ja erst nach dem Sündenfall der Seelen beschlossen
(393, 1). Was sind dann aber jene ζωα ανθρωποειδή ? Die Erklärung
bietet die Fortsetzung, in der Gott den Seelen als Muster für ihre
Schöpfung die tierähnlichen Sternbilder des Zodiakos schafft
(391, 13—16). Es handelt sich also bei den Worten τά άνθρω-
ποειδή των ζώων um die menschenähnlichen Sternbilder des Tier-
kreises, und diese müssen allerdings aus Lichterde und Lichtwasser
bestehen. Aber was die Seelen nach diesen Vorbildern auf den
Befehl Gottes1 schaffen, können doch nur die hylischen Tierwesen
sein, denen Gott dann den Lebenshauch und die Zeugungskraft
zu geben verheißt, damit sie sich weiter erhalten. Dazu müssen
sie als Stoff natürlich die beiden entsprechenden hylischen
Elemente nehmen, und eben das hat der Bearbeiter zu sagen
vergessen, ja spricht 392, 2 von dem κεκερασμένον τής ύλης als
von dem κράμα τού πατρός, weil er in der ganzen Schilderung
zugleich Plato nachahmt. Doch nennt er die Schöpfungen ορατά
έργα (391,20). Die Seelen werden bei diesem Schaffen übermütig
und bleiben auch nicht an den Orten, die Gott ihnen angewiesen
hat; daher beschließt er sie zu bestrafen und dazu τό των άνθρώπων
σύστημα zu bilden; in ihm sollen die Seelen ihre Strafe erleiden.
Er verkündet diesen Beschluß erst dem Hermes, der als des Urgottes
νους und ψυχή erscheint2, und dann den zusammenberufenen
Göttern. Es handelt sich hierbei nur um die hylische Welt,
Gott schaut, daß die φύσις των υποκειμένων noch ordnungslos
als träge Masse daliegt (S. 393, 5. 6). Dieselben Worte werden
1 Der Befehl (p. 391,11) ist nach Platos Timaios 41a erfunden. Die
Rede Platos ist hier abgekürzt, vorher aber in der Ansprache Gottes an die
Seelen 390,16 mitbenutzt.
2 Ähnlich bei Asonakes als Νους και Φρένες (oben S. 30). Mir scheint
das eine Bestätigung dafür, daß die schwierigere Lesung και Φρένες dort an-
zunehmen ist.
 
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