82
R. Reitzenstein:
καταχθονίων“ λεγόντων· παΰε, παΰε τήν άσυμφωνίαν του κόσμου
καί ποίησον „ειρήνην τοες μακράν . . καί ειρήνην τοΐς έγγύς.“1 Die
letzte Quelle beider Berichte gibt die manichäische Kosmogonie
(Cumont a. a. 0. 33): Alors la Mere de laVie, VHomme Primitif
et V Esprit Vivant se mir ent ci prier et ci implorer le Pere de la Gran-
deur, le Pere de la Grandeur les entendit et crear comme troisieme
creation, le Messager. Es handelt sich um den Μεσίτης, um Mithras,
den Beginn der dritten Schöpfung, der den Menschen den wahren
Kult der Götter weist2. Es ist in der Κόρη κόσμου die letzte Ein-
wirkung des iranischen Mythos, und gewiß ist es nicht zufällig,
daß sie auch in ihr den dritten Abschnitt der Erzählung eröffnet.
Man muß den Aufbau beider Texte einmal vergleichen, den mir
hauptsächlich Prof. Andreas verständlich gemacht hat: es sind
drei Schöpfungen, ein Vorspiel in der Götterwelt, die eigentliche
διακόσμησες, endlich die Sendung des Erlösers, der die Religion
stiftet und die Seelen wieder zur Götterwelt emporführt3. Für
den Mittelteil ist in der Κόρη κόσμου eine rein griechische Fassung
eingesetzt, die auch den Schluß des ersten Teils zu ändern zwang,
in ihrem Ausgang aber (Gott segnet die Erde S. 402, 26) schlecht
zu dem Eingang des dritten Teils (Mord und alle Ruchlosigkeit
herrschen) paßt. Dieser Eingang ist für die Lehre von der Erlösung
notwendig, also wohl alt. Die Folgerung ist für mich, daß nicht nur
einzelne Teile der manichäischen Kosmogonie, sondern auch der
Aufbau im großen älterer Tradition entnommen ist. Schon die
Κόρη κόσμου glaube ich nicht nach Mani ansetzen zu können, und in
ihrer Quelle scheint der iranische Dualismus schon ganz verdunkelt
gewesen zu sein; diese Quelle ist also noch älter. Die Fortsetzung
der Erlösungslehre, also des für das religiöse Empfinden
entscheidenden Teils, ist dann ganz national, das heißt
einfach die hellenistisch-ägyptische Osiristradition, wie sie uns
aus den griechischen Inschriften der Ptolemäerzeit und den Be-
richten der ersten Historiker bei Diodor genügend bekannt ist;
1 Der Wortlaut der alten Quelle ist durch die beiden eingearbeiteten
Zitate Phil. 2, 10 und Eph. 2,17 verdunkelt. Ein seltsames Gegenbild bietet
die valentinianische Quelle Hippolyts VI 32,1: zum Zeichen ihrer ειρήνη
καί συμφωνία schaffen alle Aionen gemeinsam den Erlöser, den Καρπός. Mir
scheint, wenn ich den heidnischen Naassenerbericht vergleiche, sicher, daß
dies die abgeleitete und sekundäre Form ist.
2 Plutarch De Isicle et Oside 46.
3 Der erste Teil und Stücke des zweiten und dritten kehren in der
κοσμοποιία des Asonakes wieder.
R. Reitzenstein:
καταχθονίων“ λεγόντων· παΰε, παΰε τήν άσυμφωνίαν του κόσμου
καί ποίησον „ειρήνην τοες μακράν . . καί ειρήνην τοΐς έγγύς.“1 Die
letzte Quelle beider Berichte gibt die manichäische Kosmogonie
(Cumont a. a. 0. 33): Alors la Mere de laVie, VHomme Primitif
et V Esprit Vivant se mir ent ci prier et ci implorer le Pere de la Gran-
deur, le Pere de la Grandeur les entendit et crear comme troisieme
creation, le Messager. Es handelt sich um den Μεσίτης, um Mithras,
den Beginn der dritten Schöpfung, der den Menschen den wahren
Kult der Götter weist2. Es ist in der Κόρη κόσμου die letzte Ein-
wirkung des iranischen Mythos, und gewiß ist es nicht zufällig,
daß sie auch in ihr den dritten Abschnitt der Erzählung eröffnet.
Man muß den Aufbau beider Texte einmal vergleichen, den mir
hauptsächlich Prof. Andreas verständlich gemacht hat: es sind
drei Schöpfungen, ein Vorspiel in der Götterwelt, die eigentliche
διακόσμησες, endlich die Sendung des Erlösers, der die Religion
stiftet und die Seelen wieder zur Götterwelt emporführt3. Für
den Mittelteil ist in der Κόρη κόσμου eine rein griechische Fassung
eingesetzt, die auch den Schluß des ersten Teils zu ändern zwang,
in ihrem Ausgang aber (Gott segnet die Erde S. 402, 26) schlecht
zu dem Eingang des dritten Teils (Mord und alle Ruchlosigkeit
herrschen) paßt. Dieser Eingang ist für die Lehre von der Erlösung
notwendig, also wohl alt. Die Folgerung ist für mich, daß nicht nur
einzelne Teile der manichäischen Kosmogonie, sondern auch der
Aufbau im großen älterer Tradition entnommen ist. Schon die
Κόρη κόσμου glaube ich nicht nach Mani ansetzen zu können, und in
ihrer Quelle scheint der iranische Dualismus schon ganz verdunkelt
gewesen zu sein; diese Quelle ist also noch älter. Die Fortsetzung
der Erlösungslehre, also des für das religiöse Empfinden
entscheidenden Teils, ist dann ganz national, das heißt
einfach die hellenistisch-ägyptische Osiristradition, wie sie uns
aus den griechischen Inschriften der Ptolemäerzeit und den Be-
richten der ersten Historiker bei Diodor genügend bekannt ist;
1 Der Wortlaut der alten Quelle ist durch die beiden eingearbeiteten
Zitate Phil. 2, 10 und Eph. 2,17 verdunkelt. Ein seltsames Gegenbild bietet
die valentinianische Quelle Hippolyts VI 32,1: zum Zeichen ihrer ειρήνη
καί συμφωνία schaffen alle Aionen gemeinsam den Erlöser, den Καρπός. Mir
scheint, wenn ich den heidnischen Naassenerbericht vergleiche, sicher, daß
dies die abgeleitete und sekundäre Form ist.
2 Plutarch De Isicle et Oside 46.
3 Der erste Teil und Stücke des zweiten und dritten kehren in der
κοσμοποιία des Asonakes wieder.