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Ruska, Julius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 2. Abhandlung): Zur ältesten arabischen Algebra und Rechenkunst — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37635#0046
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J. Ruska:

1910, S. 225). Der Verfasser1 wendet sich darin gegen die An-
maßung der Griechen, die behaupteten, alle Wissenschaft erfunden
zu haben, und führt neben Babyloniern und Syrern, d. h. Assyrern,
als Begründern der Astronomie auch die Inder als Astronomen
und Mathematiker an, indem er u. a. sagt: „Ich will nicht sprechen
von der geschickten Art ihres Rechnens und ihrem Rechenverfahren,
das alle Beschreibung übersteigt, nämlich dem mit neun Zeichen . .
Aus dem Wortlaut des Textes könnte man den Schluß ziehen, daß
damals die Null noch nicht erfunden gewesen sei; dies wäre
aber insofern voreilig, als auch in weit späteren Schriften nur von
den „neun Zeichen“ und dem besonderen Zeichen für das Leer-
bleiben von Stellen die Rede ist.2 Die älteste urkundlich auf
indischem Boden nachgewiesene Null datiert aus dem Jahre 738
(Cantor l3, S. 603, nach E. Clive Bayley, Journ. R. As. Soc., New
Ser., Bd. XV, 1883, S. 27); die älteste arabische Null, in arabischen
Urkunden das älteste Beispiel der indischen Ziffern überhaupt,
findet sich in der Jahrzahl 260 einer Papyrusurkunde (Führer N. 798,
S. 216/7; entspricht dem Jahre 873/4 n. Chr.). Dazwischen liegt das
Buch de numero Indo rum des Muhammad b. Müsä, das
die Null als einen circulum parvulum (mit dem vom Übersetzer oder
Bearbeiter der Schrift herrührenden Zusatz in similitudine .o. literae)
1 Karpinski gibt in seinem Aufsatz Hindu numerals among tbe Arabs
(Bibi. Math., 3. Folge, Bd. 11, 1910/11, S. 98) irrtümlich die Zahl 622 A. D. an.
Severus Sabokht ist auch nicht „ein gewisser S. S.“, sondern eine Größe
der syrischen Literatur, wie Naü selbst noch in der genannten Abhandlung
audeutet: „homme de grande valeur qui a influd beaucoup sur la litt4rature
syriaque — il a 4td dveque de son monastere, il en a fait un centre
d’etudes grecques... Nous pouvons §tre certains que la connaissance
des chiffres indiens, constatüe en 662 au bord de l’Euphrate (d. i. am oberen
Euphrat im Kloster Qennesrln bei Nislbis) chez Sev&re, a 6td transmise
par lui ä des nombreux disciples“. Weniger kann ich mich mit der Folgerung
Naüs einverstanden erklären, daß es die Syrer gewesen seien, die die indischen
Ziffern den Arabern und den modernen Griechen vermittelten. Es fehlt doch
jede Spur eines Zusammenhangs zwischen dem Kloster des Severus und
dem Hofe Alma’müns, und Severus Sabokht selbst ist mit seinen
mathematischen Interessen eine ganz vereinzelte Erscheinung bei den Syrern
(vgl. J. Ruska, Studien zu Severus bar Sakkü’s Buch der Dialoge, Zeitschr. f.
Assvriol., Bd. 12,1896, S. 10).
3 Vgl. z. B. die von E. Wiedemann übersetzte Stelle aus Ja'kübi, in
den Sitzungsber. d. Phys.-med. Sozietät Erlangen, Bd. 40, 1908, S. 38. Die
Unterscheidung zwischen der Null und den Ziffern hat sich bei uns bis ins
16. Jahrhundert erhalten (Fr. Unger, Die Methodik der praktischen Arithme-
tik, Leipzig 1888, S. 70).
 
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