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Asmus, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 3. Abhandlung): Der Alkibiades-Kommentar des Jamblichos als Hauptquelle für Kaiser Julian — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37636#0046
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46

Rudolf Äsmus:

Vergleichungspunkt bildete wohl, abgesehen von dem vielverhöhn-
ten, der Liebe hinderlichen Bocksbärte des Apostaten1, die von
den Mysterien des sich selbst entmannenden Phrygers geforderte
Askese seines weiberscheuen, nach der sittlichen Reinheit des
Mithrazismus strebenden Verehrers. Um diese Enthaltsamkeit
in ein lächerliches Licht zu stellen, verwertete der schamlose
Gegner aller Wahrscheinlichkeit nach den von dem kynisierenden
Dion Chrysostomos Or. VI 99, 21 ff. Dind. dem Diogenes in den
Mund gelegten grobsinnlichen Mythus von dem in die Nymphe
Echo (vgl. 306, 1 έπηχοΰντα . . . τά δένδρα) verliebten Hirtengotte
Pan. Diesen unterwies sein Vater Hermes zur Stillung der wahn-
sinnigen Not, die ihn in die Wildnis hinausgetrieben hatte, in der
von ihm erfundenen Selbstbefriedigung2. Hierfür spricht auch der
autobiographische Muster- und Gegenmythus Julians 294, 25ff.,
der gleichfalls in den Rahmen einer Hirtenerzählung (vgl. auch
M 435, 10ff.) gefaßt ist. Der Held verzweifelt an der Befriedigung
seines ihm von Helios eingepflanzten Liebesdranges, er begibt
sich, heimatlos geworden, in die Einsamkeit, kommt hier zur Ruhe
und wird dann durch Hermes, d. h. durch den wiedererlangten
Vollbesitz seines eigenen Selbst, zum Ziel seiner Wünsche empor-
geführt. Zudem erfahren wir von Libanios Or. XVIII 171, der
Kaiser habe dem Pan3 und dem Hermes seine besondere Verehrung
geweiht. Darunter ist aber im Sinne seiner jamblichischen Theo-
krasie der Kult des Attis (= Hermes V 231, 24) und der Götter-
mutter zu verstehen, zumal da der Rhetor an derselben Stelle
noch der mit dieser letzteren zusammenfallenden Hekate (V 228,18)4
1 S. Theol. Studien und Krit. 1894, 336, wo auch M 445,14ff. anzu-
führen war.
2 S. Weber 112ff.; Geffcken, Neue Jahrbücher f. d. kl. Altert. 1908,
175; Gerhard, Arch. f. Relig.-Wiss. XV (1912) 400. — Vielleicht war gerade
der Umstand, daß Dion diese wüste Erzählung dem Diogenes in den Mund
legt, schuld daran, daß Jamblichos ihm (s. VII 275, 18 εΐ τω πιστός 6 Δίων)
nur eine bedingte Glaubwürdigkeit zugestehen zu dürfen glaubte. Die hier
mitgeteilte Angabe über die Zusammenkunft Alexanders mit Diogenes stimmt
allerdings mit Dion or. IV 65, 27 ff. nicht überein. Prächter nimmt daher 43
(vgl. France-Wright, Diss. 106) mit Recht an, daß Dion dem Julian bei
Abfassung seiner Stelle nicht vorlag. Der Kaiser schrieb eben nicht den
Rhetor, sondern den Chalkidier aus; wie sich aber auf diesem langen Umwege
der Originaltext umgestaltete, ist für uns nicht mehr kontrollierbar.
3 S. Schneidewin, Hymnorum in Attin fragmenta inedita. Philologus
3. 1848, 265; Reitzenstein, Poimandres 98, 5.
4 S. Reitzenstein, Poimandres 163; Kroll, De orac. 28ff.; 69.
 
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