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Rudolf Asmus:
Julian selbst zur Nachahmung empfohlen wird, und des Dionysos-,
des Attis-, des Theseus- und des Perseusmythus seine Heranbildung
zum Herrscher und gibt demgemäß die Hauptgedanken des jam-
blichischen Alkibiadeskommentars wieder. In Übereinstimmung
mit der 281, 2 gegebenen Weisung, Platons Mythen περί των έν
"Αιδου πραγμάτων (vgl. Resp. 330 D) nachzuahmen (vgl. 279, 7),
ist die Dichtung, die sich 304, 8 wie auch das ,,Gastmahl“ 394,2ff.
im Sinne von Gorg. 523A als ein Zwischending zwischen einem
μυ&ος und einem άλη-9-ής λόγος gibt, unmittelbar abhängig von dem
platonischen,,Staat“. Es ist eine Phantasie, die von einer erkenntnis-
theoretischen Grundlage ausgehend in das eschatologische Gebiet
übergreift und die Gedanken des Höhlenmythus 514Aff. mit der ab-
schließenden Vision 614 B ff. in der Weise vereinigt, daß man von ihr
mit den von jenem geltenden Worten 517 B sagen kann, sie zeige τήν
ήλιου δύναμιν und gleichzeitig τήν εις τον νοητόν τόπον τής ψυχής άνοδον.
Im letzten Ende läuft sie nämlich geradeso wie die vierte und die fünfte
Rede und der mystische Schluß der achten auf die Wiedergeburt
der vom Körper befreiten Seele, auf das durch den Attismythus
dargestellte und von Sallust so genannte άναγεννάσθ-αι1 hinaus.
Aber unsere Allegorie ist nicht so sehr eine allgemein-menschliche
Bekenntnisschrift, sondern vielmehr ein kirchenpolitisches Doku-
ment: es liegt in ihr ähnlich wie in dem ,,Gastmahl“, das samt
den verlorenen „Kronia‘‘ eine weitere Ausführung ihres zweiten
Teiles bildet, ein Regierungsprogramm vor, in welchem sich Julian
als Kaiser und Pontifex Maximus positiv und zuversichtlich zu
denselben Grundsätzen von der göttlichen Philosophenherrschaft
bekennt, denen er als Cäsar in den drei „Königsreden“ theoretisch
vorsichtig und in dem „Brief an Themistios“2 mit skeptischer
Selbstbescheidung Ausdruck verliehen hatte.
294,25—296,11. Die Vorgeschichte erzählt von einem
reichen Manne — es ist Konstantin d. Ä., der dem Perikies, dem
1 S. Hepding 197 ff.; 220; Dieterich 138; Reitzenstein, Poimandres
231; 215. Das Fehlen der Salluststelle in V beweist, daß Julian nicht die Vor-
lage sein kann, wie Cumont, Revue de philol. 1892, 51; Zeller 755,1 und.
neuerdings auch Geffcken, Kaiser Julianus 160 (unter Hinweis auf meine
Ausführung Wochenschr. f. kl. Philol. 1904, 238ff.) behaupten, sondern daß,
wie der letztgenannte Gelehrte N. Jahrbücher f. d. kl. Altert. 1908 I 167,2
annahm, eine gemeinsame Quelle in Gestalt einer jamblichischen Schrift
vorauszusetzen ist; s. Wendland 179; Hepding 182; 197.
2 Zuerst richtig datiert von Seeck, Geschichte d. Untergangs der antiken
Welt IV. Berlin 1911, 470; s. Wochenschr. f. kl. Philol. 1914, 522.
Rudolf Asmus:
Julian selbst zur Nachahmung empfohlen wird, und des Dionysos-,
des Attis-, des Theseus- und des Perseusmythus seine Heranbildung
zum Herrscher und gibt demgemäß die Hauptgedanken des jam-
blichischen Alkibiadeskommentars wieder. In Übereinstimmung
mit der 281, 2 gegebenen Weisung, Platons Mythen περί των έν
"Αιδου πραγμάτων (vgl. Resp. 330 D) nachzuahmen (vgl. 279, 7),
ist die Dichtung, die sich 304, 8 wie auch das ,,Gastmahl“ 394,2ff.
im Sinne von Gorg. 523A als ein Zwischending zwischen einem
μυ&ος und einem άλη-9-ής λόγος gibt, unmittelbar abhängig von dem
platonischen,,Staat“. Es ist eine Phantasie, die von einer erkenntnis-
theoretischen Grundlage ausgehend in das eschatologische Gebiet
übergreift und die Gedanken des Höhlenmythus 514Aff. mit der ab-
schließenden Vision 614 B ff. in der Weise vereinigt, daß man von ihr
mit den von jenem geltenden Worten 517 B sagen kann, sie zeige τήν
ήλιου δύναμιν und gleichzeitig τήν εις τον νοητόν τόπον τής ψυχής άνοδον.
Im letzten Ende läuft sie nämlich geradeso wie die vierte und die fünfte
Rede und der mystische Schluß der achten auf die Wiedergeburt
der vom Körper befreiten Seele, auf das durch den Attismythus
dargestellte und von Sallust so genannte άναγεννάσθ-αι1 hinaus.
Aber unsere Allegorie ist nicht so sehr eine allgemein-menschliche
Bekenntnisschrift, sondern vielmehr ein kirchenpolitisches Doku-
ment: es liegt in ihr ähnlich wie in dem ,,Gastmahl“, das samt
den verlorenen „Kronia‘‘ eine weitere Ausführung ihres zweiten
Teiles bildet, ein Regierungsprogramm vor, in welchem sich Julian
als Kaiser und Pontifex Maximus positiv und zuversichtlich zu
denselben Grundsätzen von der göttlichen Philosophenherrschaft
bekennt, denen er als Cäsar in den drei „Königsreden“ theoretisch
vorsichtig und in dem „Brief an Themistios“2 mit skeptischer
Selbstbescheidung Ausdruck verliehen hatte.
294,25—296,11. Die Vorgeschichte erzählt von einem
reichen Manne — es ist Konstantin d. Ä., der dem Perikies, dem
1 S. Hepding 197 ff.; 220; Dieterich 138; Reitzenstein, Poimandres
231; 215. Das Fehlen der Salluststelle in V beweist, daß Julian nicht die Vor-
lage sein kann, wie Cumont, Revue de philol. 1892, 51; Zeller 755,1 und.
neuerdings auch Geffcken, Kaiser Julianus 160 (unter Hinweis auf meine
Ausführung Wochenschr. f. kl. Philol. 1904, 238ff.) behaupten, sondern daß,
wie der letztgenannte Gelehrte N. Jahrbücher f. d. kl. Altert. 1908 I 167,2
annahm, eine gemeinsame Quelle in Gestalt einer jamblichischen Schrift
vorauszusetzen ist; s. Wendland 179; Hepding 182; 197.
2 Zuerst richtig datiert von Seeck, Geschichte d. Untergangs der antiken
Welt IV. Berlin 1911, 470; s. Wochenschr. f. kl. Philol. 1914, 522.