Metadaten

Rosenzweig, Franz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 5. Abhandlung): Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus: ein handschriftlicher Fund — Heidelberg, 1917

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37638#0003
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
I.

Die Königliche Bibliothek in Berlin erwarb 1913 aus einer
Versteigerung bei Liepmannsohn ein Hegelmanuskript, das im
Katalog, wohl wegen der beiden ersten Worte, als „Abhandlung
über Ethik“ bezeichnet war. Es ist ein ungebrochenes Folioblatt,
die zweite Seite nicht ganz vollgeschrieben. Daß es sich um ein
Hegelsches Manuskript handelt, kann dem Kenner der Schrift-
züge nicht zweifelhalt sein; über die Herkunft der Handschrift
konnte man mir bei Liepmannsohn keine Auskunft geben. Doch
steht nicht bloß allgemein der Hegelsche Ursprung fest, sondern
es läßt sich die Zeit der Niederschrift ziemlich genau bestimmen.
Bekanntlich haben Dilthey und Nohl bei der Bearbeitung und
Herausgabe der Hegelschen Jugendschriften aus dem Nachlaß
auf der Königlichen Bibliothek die zeitliche Bestimmung un-
datierter Manuskripte auf Grund der datierten vornehmen können;
denn Hegels Schriftzüge haben in der Zeit bis 1801 eine klare
Entwicklung durchgemacht. Es handelt sich dabei nicht etwa
um eine vermutungsweise Anordnung, sondern, wie ich auf Grund
genauer Nachprüfung und eigener Weiterführung der Dilthey-
NoHLschen Arbeit bestätigen kann, um ein streng exaktes Ver-
fahren; die nach den Formveränderungen jedes Buchstaben ein-
zeln gewonnenen Ergebnisse fügen sich zu einem widerspruchs-
losen Gesamtbild zusammen, was nicht der Fall wäre, wenn die
zugrunde gelegten Veränderungen der Buchstabenformen nicht
einsinnige Entwicklung, sondern bloße regellose Schwankung be-
deuten würden; natürlich ist Voraussetzung, daß man nur solche
Veränderungen zugrunde legt, die eine Entwicklung bezeichnen,
und die anderen selbstverständlich auch vorhandenen erkennt und
ausscheidet; seit 1801 ist Hegels Handschrift im wesentlichen fest
geworden und nur noch für einen Buchstaben läßt sich in den
nächsten Jahren eine Art Entwicklung feststellen, zwar nicht von
so eindeutiger Klarheit wie in den früheren Jahren, immerhin
noch zur Datierung der Jenenser Niederschriften wenigstens als
ein wichtiges Hilfsmittel zu verwenden.

i*
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften