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Rosenzweig, Franz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 5. Abhandlung): Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus: ein handschriftlicher Fund — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37638#0016
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16

Franz Rosenzweig:

Metzger so die Naturphilosophie von 1797 bis in die Philosophi-
schen Briefe zurückverfolgen zu können meint, hat Medikus in
seiner Fichtebiographie sogar von der im eigentlichen Sinne speku-
lativen Naturphilosophie behauptet, sie sei bei Schelling von An-
fang an da und wurzle durchaus nicht in der Wissenschaftslehre,
sondern knüpfe an Kants Kritik der Urteilskraft an; wirklich kann
er sich hierfür auf eine Stelle in der Schrift „Vom Ich“ berufen,
wozu noch eine Stelle der Anfang 1796 geschriebenen „Neuen
Deduktion des Naturrechts“ käme. Hier nämlich nennt Schelling
Leben „Autonomie in der Erscheinung“, wobei noch etwa zu be-
denken ist, daß „Autonomie“ ihm damals eine Zeit lang als der
Punkt galt, wo theoretische und praktische Philosophie zusammen-
hingen. Ein erscheinendes Abbild also dieses letzten Einheits-
punktes wäre das „Leben“. Ähnlich wird auf dem letzten Blatt
der Schrift „Vom Ich“ mit ausdrücklicher Beziehung auf den § 76
der Kantischen Kritik der teleologischen Urteilskraft der Gedanke
hingeworfen, daß „Teleologie das verbindende Mittelglied zwischen
theoretischer und praktischer Physik“ sei. Man mag da, wenn
auch bei dem geringen Material nur unter Vorbehalt, die Möglich-
keit aussprechen, daß Schelling eine Weile im Jahre 1795 geglaubt
hat, im Begriff des Organismus den Abschlußbegriff der Philo-
sophie zu haben; eine eigentliche Naturphilosophie, d. h. eine
durchgeführte Konstruktion der ganzen Natur als eines wie immer
begründeten Beichs von Gestalten, fand sich in diesen Worten
gleichwohl nicht einmal angedeutet. Und selbst der Gedanke,
daß gerade der Organismus der Punkt sei, wo „Finalität und Me-
chanism“ zusammenfallen, scheint wie wir noch sehen werden,
schon in den Philosophischen Briefen wieder hinter einem anderen
zurückgetreten. Umsoweniger darf man in ihm, obwohl er später
wieder auf genommen wird, die ursprüngliche Wurzel der Natur-
philosophie suchen, als grade die Schrift vom Ich an einer Stelle
selber von einem „eigentümlichen Gebiet“ der Naturforschung
spricht, indem dieselbe nämlich die Bealität der Erscheinungen
„nur in Beziehung (aufs Ich)“ annehmen dürfe; ein Gedanke, den
Schelling selbst an dieser Stelle nur als eine Wiedergabe der
Kantischen Gleichung von „transzendentalem Idealismus“ und
„empirischem Realismus“ verstanden wissen will. Einen näheren
Sinn bekommt diese Stelle erst dann, wenn es uns gelingen sollte,
den für Schelling damals sehr komplexen Begriff des Ich durch
die Begriffe theoretische und praktische Vernunft irgendwie zu
 
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