Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus.
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sie zurückkommen werde. „Denn diese Wissenschaft zeigt erst
den Eingang zur ganzen Philosophie, weil nur in ihr erklärt
werden kann, was philosophischer Geist ist, ohne welchen philo-
sophieren zu wollen dasselbe ist wie ohne Einbildungskraft dich-
ten“. Dieser „philosophische Geist“, der „eigentlich“ nur in der
Ästhetik erklärt werden kann, ist es, den man zum Lernen schon
mitbringen muß, wenn es nicht in ein lediglich „historisches“
Wissen ausschlagen soll; um seinetwillen kann die Philosophie
„nicht jedermanns Sache sein“; ja gewisse Menschen, die „unter
einem auswendig gelernten Jargon von Schulwörtern ihre Geistes-
armut zu verbergen suchen“, bleiben auf immer von ihr aus-
geschlossen. Wenn Schelling in den Abhandlungen hierin einen
spezifischen Unterschied der Philosophie von allen anderen Wissen-
schaften sieht, so hatte er in der Antikritik vom 26. X. 96 diese
Scheidelinie noch nicht so scharf gezogen; damals hatte auch jede
andere „Kunst oder Wissenschaft, deren Gegenstände freie Pro-
dukte des Geistes sind, ebensogut als die Philosophie mit jener
Geistlosigkeit zu kämpfen“.
*
„Zuletzt die Idee, die alle vereinigt, die Idee der Schönheit,
„das Wort in höherem platonischem Sinne genommen. Ich bin
„nun überzeugt, daß der höchste Akt der Vernunft, der in dem sie
„alle Ideen umfaßt, ein ästhetischer Akt ist, und daß Wahrheit
„und Güte nur in der Schönheit verschwistert sind. — Der
„Philosoph muß ebensoviel ästhetische Kraft besitzen, als der
„Dichter. Die Menschen ohne ästhetischen Sinn sind unsere Buch-
„stabenphilosophen. Die Philosophie des Geistes ist eine ästhetische
„Philosophie. Man kann in nichts geistreich sein, — selbst über
„Geschichte kann man nicht geistreich räsonnieren — ohne ästhe-
tischen Sinn. Hier soll offenbar werden, woran es eigentlich den
„Menschen fehlt, die keine Ideen verstehen, •— und treuherzig
„genug gestehen, daß ihnen alles dunkel ist, sobald es überTabellen
„und Register hinausgeht. Die Poesie bekömmt dadurch eine
„höhere Würde, sie wird amEnde wieder was sie amAnfang war —
„Lehrerin der Menschheit; denn es gibt keine Philosophie,
„keine Geschichte mehr, die Dichtkunst allein wird alle übrigen
„Wissenschaften und Künste überleben.
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sie zurückkommen werde. „Denn diese Wissenschaft zeigt erst
den Eingang zur ganzen Philosophie, weil nur in ihr erklärt
werden kann, was philosophischer Geist ist, ohne welchen philo-
sophieren zu wollen dasselbe ist wie ohne Einbildungskraft dich-
ten“. Dieser „philosophische Geist“, der „eigentlich“ nur in der
Ästhetik erklärt werden kann, ist es, den man zum Lernen schon
mitbringen muß, wenn es nicht in ein lediglich „historisches“
Wissen ausschlagen soll; um seinetwillen kann die Philosophie
„nicht jedermanns Sache sein“; ja gewisse Menschen, die „unter
einem auswendig gelernten Jargon von Schulwörtern ihre Geistes-
armut zu verbergen suchen“, bleiben auf immer von ihr aus-
geschlossen. Wenn Schelling in den Abhandlungen hierin einen
spezifischen Unterschied der Philosophie von allen anderen Wissen-
schaften sieht, so hatte er in der Antikritik vom 26. X. 96 diese
Scheidelinie noch nicht so scharf gezogen; damals hatte auch jede
andere „Kunst oder Wissenschaft, deren Gegenstände freie Pro-
dukte des Geistes sind, ebensogut als die Philosophie mit jener
Geistlosigkeit zu kämpfen“.
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„Zuletzt die Idee, die alle vereinigt, die Idee der Schönheit,
„das Wort in höherem platonischem Sinne genommen. Ich bin
„nun überzeugt, daß der höchste Akt der Vernunft, der in dem sie
„alle Ideen umfaßt, ein ästhetischer Akt ist, und daß Wahrheit
„und Güte nur in der Schönheit verschwistert sind. — Der
„Philosoph muß ebensoviel ästhetische Kraft besitzen, als der
„Dichter. Die Menschen ohne ästhetischen Sinn sind unsere Buch-
„stabenphilosophen. Die Philosophie des Geistes ist eine ästhetische
„Philosophie. Man kann in nichts geistreich sein, — selbst über
„Geschichte kann man nicht geistreich räsonnieren — ohne ästhe-
tischen Sinn. Hier soll offenbar werden, woran es eigentlich den
„Menschen fehlt, die keine Ideen verstehen, •— und treuherzig
„genug gestehen, daß ihnen alles dunkel ist, sobald es überTabellen
„und Register hinausgeht. Die Poesie bekömmt dadurch eine
„höhere Würde, sie wird amEnde wieder was sie amAnfang war —
„Lehrerin der Menschheit; denn es gibt keine Philosophie,
„keine Geschichte mehr, die Dichtkunst allein wird alle übrigen
„Wissenschaften und Künste überleben.