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Rosenzweig, Franz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 5. Abhandlung): Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus: ein handschriftlicher Fund — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37638#0035
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Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus.

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sind Züge, die, wie oben meist in Übereinstimmung mit Metzgers
Arbeit gezeigt werden konnte, erst in den Philosophischen Briefen,
noch nicht in der Schrift vom Ich nachweisbar sind. In den Philo-
sophischen Briefen waren die betreffenden Gedanken noch mehr
in statu nascendi, nämlich in ihrem Entstehen aus der Auseinander-
setzung mit der „anderen“ Weltanschauung, dem „Dogmatism“,
zu beobachten; in den Abhandlungen des Winters sind sie zu weit-
aus größerer Schärfe gekommen. Das zusammen spricht für ein
Entstehen unseres Programms, das die Gedanken schon als Er-
gebnisse, ohne den sonst deutlich bemerkbaren Charakter der
subjektiven Neuheit, entwickelt, nach der Abfassung der Philo-
sophischen Briefe. Jedoch absolute Gewißheit ist auch das noch
nicht; eine solche wäre erst erreicht, wenn die Gedanken des Pro-
gramms wie von der Schrift „vom Ich“ so auch von den Philosophi-
schen Briefen geradezu abwichen und zwar im Sinne einer später,
also Winter 96 auf 97, erkennbaren Entwicklungsphase.
Gewißheit aber geben uns nun die religionsphilosophischen
Sätze über „Mythologie“. Während die Philosophischen Briefe
für die Zukunft noch keinen Zusammenhang zwischen dem „Wei-
sen“ und den „Mysterien“ hatten gelten lassen wollen, zeichnet
der Brief vom 12. III. 96 das Ideal einer „Nationalerziehung“
durch Mysterien, in denen mit den Worten des Programms die
„Mythologie im Dienste der Ideen“ stehen würde. Und anderer-
seits ist der schrankenlose Optimismus des Programms mit seiner
Hoffnung auf „ewige Einheit“ zwischen „Aufgeklärten und Un-
aufgeklärten“, „gleiche Ausbildung aller Kräfte aller Individuen“,
der im Winter von dem ebenfalls zuerst im Programm erscheinenden
Gedanken des nicht allen eigenen philosophischen Sinns schon
stark verdeckt wird, auch in dem Brief schon leise verschleiert.
So ergibt sich hier mit Sicherheit für das Programm die Abfassung
nach den Philosophischen Briefen, und eine gewisse Wahrschein-
lichkeit würde der Verlegung vor den Brief vom 12. III. 96 nicht
abzusprechen sein.
Eine Entstehung also während des Stuttgarter Aufenthaltes
im Winter 1795 auf 96 würde sich im Gegensatz zu der Annahme
einer Entstehung in den Monaten nach der Abreise aus Stuttgart
(April 96) nun auch allein mit dem redehaften Charakter des
Ganzen, der sich dem Leser auf drängt, vereinigen lassen. Denn
unterwegs und in Leipzig hat Schelling schwerlich einen solchen
Freundeskreis um sich gesehen, wie ihn die Bede voraussetzen
 
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