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Franz Rosen zweig:
würde. Sollte dennoch die Abfassungszeit über den März 1796
hinauszuschieben sein, so müßte man annehmen, daß das Pro-
gramm ursprünglich als briefliche Kundgebung an die auswärtigen
Freunde gedacht war.
Die Abfassung nach den Philosophischen Briefen jedenfalls
ist durch den Begriff der Mythologie gesichert. Nun hat sich die
Arbeit an den Philosophischen Briefen bis kurz vor den 22. I. 96
hingezogen und an eben diesem Tag schreibt Schelling an Niet-
hammer: „ich bin entschlossen, eine Zeitlang mich größtenteils
wenigstens der Philosophie zu widmen; das nächste, was ich unter-
nehme, ist ein System der Ethik (ein Gegenstück zu Spinoza, ein
Werk, dessen Idee mich schon längst begeisterte und das schon
begonnen ist), eine Philosophie der Geschichte der Menschheit
— (die Einleitung dazu ist fertig, wenn Sie ihr einen Platz im
Journal einräumen wollen, steht sie ihnen zu Befehl) — und eine
Auslegung der Kritik der Urteilskraft nach meinen Prinzipien“.
Man sieht, es sind mit Ausnahme gerade der „Mythologie“,
deren Theorie war soeben im Schlußsatz der Philosophischen Briefe,
also Januar 96 noch nicht auf dem dann am 12. III. erreichten
Standpunkt angelangt erkannten, und der „Physik“, deren Be-
handlung uns schon aus anderen Gründen zu möglichst naher
Heranrückung des Programms an den Beginn des Sommersemesters
geneigt machte, genau die drei Punkte, die uns schon rein aus dem
Text heraus den Augenblick zu bezeichnen schienen: der Gedanke
des „Systems aller Ideen“ (das Gegenstück zu Spinozas Ethik),
die „Prinzipien der Philosophie der Geschichte der Menschheit“
und die „nun“ gewonnene Überzeugung von der Stellung der
Kunst. Als terminus a quo ergibt sich also der 22. I. 96. Denn
natürlich kann unser Programm, ganz abgesehen von der genannten
inneren Unmöglichkeit, schon rein äußerlich formal nicht mit der
im Briefe erwähnten „schon begonnenen“ Niederschrift der Ethik
zusammenfallen.
Eine genauere zeitliche Festlegung als die gewonnene — frühe-
stens 22. I., spätestens Juli, wahrscheinlich spätestens Anfang
März 96 — ist nicht zu erreichen. Aber die Kette der Beweise für
die Schellingsche Verfasserschaft scheint mit dem Zusammen-
treffen der drei Wege der Datierung, nämlich durch die äußere
Überlieferung, die innere Einordnung in die Schellingsche Ge-
dankenentwicklung, endlich den Schellingschen Brief vom 22. I„
nunmehr unzerreißbar geschlossen.
Franz Rosen zweig:
würde. Sollte dennoch die Abfassungszeit über den März 1796
hinauszuschieben sein, so müßte man annehmen, daß das Pro-
gramm ursprünglich als briefliche Kundgebung an die auswärtigen
Freunde gedacht war.
Die Abfassung nach den Philosophischen Briefen jedenfalls
ist durch den Begriff der Mythologie gesichert. Nun hat sich die
Arbeit an den Philosophischen Briefen bis kurz vor den 22. I. 96
hingezogen und an eben diesem Tag schreibt Schelling an Niet-
hammer: „ich bin entschlossen, eine Zeitlang mich größtenteils
wenigstens der Philosophie zu widmen; das nächste, was ich unter-
nehme, ist ein System der Ethik (ein Gegenstück zu Spinoza, ein
Werk, dessen Idee mich schon längst begeisterte und das schon
begonnen ist), eine Philosophie der Geschichte der Menschheit
— (die Einleitung dazu ist fertig, wenn Sie ihr einen Platz im
Journal einräumen wollen, steht sie ihnen zu Befehl) — und eine
Auslegung der Kritik der Urteilskraft nach meinen Prinzipien“.
Man sieht, es sind mit Ausnahme gerade der „Mythologie“,
deren Theorie war soeben im Schlußsatz der Philosophischen Briefe,
also Januar 96 noch nicht auf dem dann am 12. III. erreichten
Standpunkt angelangt erkannten, und der „Physik“, deren Be-
handlung uns schon aus anderen Gründen zu möglichst naher
Heranrückung des Programms an den Beginn des Sommersemesters
geneigt machte, genau die drei Punkte, die uns schon rein aus dem
Text heraus den Augenblick zu bezeichnen schienen: der Gedanke
des „Systems aller Ideen“ (das Gegenstück zu Spinozas Ethik),
die „Prinzipien der Philosophie der Geschichte der Menschheit“
und die „nun“ gewonnene Überzeugung von der Stellung der
Kunst. Als terminus a quo ergibt sich also der 22. I. 96. Denn
natürlich kann unser Programm, ganz abgesehen von der genannten
inneren Unmöglichkeit, schon rein äußerlich formal nicht mit der
im Briefe erwähnten „schon begonnenen“ Niederschrift der Ethik
zusammenfallen.
Eine genauere zeitliche Festlegung als die gewonnene — frühe-
stens 22. I., spätestens Juli, wahrscheinlich spätestens Anfang
März 96 — ist nicht zu erreichen. Aber die Kette der Beweise für
die Schellingsche Verfasserschaft scheint mit dem Zusammen-
treffen der drei Wege der Datierung, nämlich durch die äußere
Überlieferung, die innere Einordnung in die Schellingsche Ge-
dankenentwicklung, endlich den Schellingschen Brief vom 22. I„
nunmehr unzerreißbar geschlossen.