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Driesch, Hans [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 3. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 1 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37665#0020
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20

HANS DRIESCH:

Zusehen; denn im Alechanischen verschwindet ahe Vergangen-
heit in die ,,Resultante ", als das allein Gegenwärtige, hinein.
Der Organismus.
Wie steht der Organismus, als materielles Wesen von vitaler
Gesetzlichkeit, zur Zeit ?
a) Wo das naturwirkliche Korrelat zu ,,sekundärem Wissen""
im Sinne der ,,Philosophie des Organischen'" vorliegtb ist alles,
wie beim Seelischen: Vergangene Zeit ist ,,aufgerollt", ihr Inhalt
kann jederzeit nutzbar gemacht werden. Es ist unsicher, ob ein
Analogon zu ,,sekundärem", d. h. erworbenen Wissen vorkommt
im rein morphogenetisch-physiologischen Leben; wo Restitutionen
das zweitemal rascher oder ,,besser" verlaufen, möchte es Vor-
kommen. Solche Fälle sind aber unsicher; was bekannt ist, ist
vielleicht anders zu deuten. Daß etwa Anpassungen ,,probiert"
und dann immer besser würden, ist nicht bekannt. Rei echter
Vererbung rein somatisch erworbener Eigenschaften, wenn sie
Vorkommen sollte, müßte wohl ,,sekundäres Wissen" vorliegcn.
b) Rei Restitutionen jeder Art (welche, aber stets ,,primär
zweckmäßig", [G. WoLFF], d. h. ohne Renötigung sekundären
Wissens, verlaufen), kommt aufgerollte Zeit insofern in Frage,
als das Restituierende gleichsam ,,weiß", was von dem schon ge-
bildet Gewesenen ,,nicht mehr" da ist. Was ,,noch" da ist, bildet
das Restituierende ja nicht, sondern nur, was ,,nicht mehr" da ist.
Rei jeder liegt das Ganze, zeitlich zusammen-
gerollt, in jedem Teil; und in dem Ergebnis jeder Phase einer
Restitution liegt beschlossen, was schon gebildet ist und was noch
zu bilden ist.
Dasselbe gilt von der Embryogenese, welche als sehr weit-
gehende Restitution aufgefaßt werden kann; was von den Phasen
einer Restitution galt, gilt von den Phasen der Embryo genese.
Obwohl durch Hemmungen maskiert, liegt wohl in jeder
Zelle eines Organismus potentia das Ganze. Und jede Zelle ,,weiß"
gleichsam — aber ohne sekundäre Erfahrung —, was vom Ganzen
actu da ist und was noch actu da sein soll.
c) Alle Ontogenesen zusammen bilden die Phvlogenie. Personal-
entelechie ist Teil der Überpersonalentelechie.

' [I, S. 139 ff.
 
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