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Driesch, Hans [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 3. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 1 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37665#0024
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24

HANS DRIESCH:

B. Auf der Grundlage dieser Definitionen, welche, obwohl auf
das Geschehen in der unbelebten Natur zugerichtet, doch allgemein-
logische Bedeutung haben, ergeben sich für nicht maschinelle
Entwicklung die folgenden Sachverhalte:
a) Determinierte Entwicklung: Die Entelechie ihrem So-
sein nach ist Im materiellen Teil des Sy-
stems, an dem sich Entwicklung äußert, gibt es sowohl gewisse
als auch (z. B. chemische Affini-
täten, aggregative Zustände usw.). Das ,,Medium" stellt eine be-
sondere Gruppe temporärer Bedingungen dar (Temperatur, Sauer-
stoffgehalt usw.). im strengen Sinne für Entwicklung über-
haupt ist irgend eine Veränderung an dem materiellen Teil des
Systems, an dem sich das weitere abspielt. Diese Ursache (bei
der Embryogenese die Befruchtung oder ihr Ersatz, hei Resti-
tutionen der Vorgang spezifischer Verletzung) wirkt als AWz auf
die Entelechie und setzt an ihr als Wirkung eine grundsätzlich
unanschauliche Veränderung, die wir ,,Aktivierung" nennen wollen,
welche nun ihrerseits am materiellen System unter Konkurrenz
von dessen (Energie- und Potentialverteilung usw.)
eine neue Veränderung setzt. Das Gewordensein dieser Verände-
rung am materiellen System affiziert wieder die Entelechie zu
einem neuen Akt usw.h So läuft die Entwicklung in einzelnen
Phasen ab.
b) ,,Freie" Entwicklung: Die Entelechie, welche ja kein
,,Wesen" hat, ist nicht konstante Bedingung; auch gibt es nicht
eigentlich ,,Ursachen" und ,,Wirkungen"; die ganze Entwicklung
ist eine fortlaufende Veränderung^. Wird die Entwicklung gestört,
und erfolgen im Gefolge der Störung Regulationen, so treten Ver-
wicklungen ein: es ist alsdann, wie bei determinierter Entwicklung
überhaupt, das Störungsgeschehen in seiner Spezifizität Reiz-
ursache für die Entelechie, insofern diese sich ein ,,Wesen" bereits
gemacht hat und konstante Bedingung sein kann.
c) Bei determinierter Entwicklung ist also der ganze Gesche-
henskomplex ein fortwährendes Ursach-Wirkung-Wechselspiel von
Entelechieaffektionen durch Materielles und Entelechiemanifesta-

1 Vgl. hierzu d. Org. II, S. 230 ff. und 341 ff.
2 S. oben S. 19.
 
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