56
HANS DRIESCH :
Sie wären ,,zum Teil" von ihrem Prodozenten verschieden,
wenn sein Typus neben dem Fortschrittstypus auch noch erhal-
ten bleibt.
Sie wären ,,alle" verschieden von ihrem Produzenten, wenn
sein Typus zu Gunsten des Fortschrittstypus völlig verschwindet.
STEINMANN hat sich das sogenannte Aussterben früher be-
standener Tierformen in dieser Weise gedacht: gewisse palä-
ontologisch vorfindliche Reptilienklassen wären in gewisse jetzt
lebende Säugetierklassen im Lauf der Generationen vollkommen
übergegangen; nicht also würde das ,,Aussterben" auf dem Aus-
bleiben von Nachkommen beruhen.
Von älteren Biologen und neuerdings von KRASAN ist der
Gedanke ausgesprochen worden, daß es ein vorgebildetcs ideelles
,,System" gebe, durch welches das belebte Materielle im Laufe
der Generationen sozusagen hindurchgepreßt werde. —
Mag die Phylogenie Evolution sein, jedenfalls haben die leben-
den Formen, welche sie zusammensetzen, auch kumulative
Züge; diese beruhen teils auf ,Zufälligkeiten" der Variation, die
wohl auf ,,zufällige" Verschiedenheiten des Mediums zurückgehen;
teils beruhen sie auf adaptiv Erworbenem, ln die Phylogenie ein-
treten können solche kumulativen Züge natürlich nur, wenn sie
vererblich sind, was, wie oben gesagt, nur für gewisse Adaptationen
in beschränktem Maße erwiesen ist.
Die Mischung von Kumulation und Evolution im Rahmen
der Phylogenie läßt jedenfalls die Frage berechtigt erscheinen,
welche von den phylogenetischen ,,Organen", den Individuen also,
oder vielmehr was an ihrer Kennzeichnung denn nun ganzheits-
wescntlich sei und was nicht. Die Individuen in ihrer eigensten
Eigenausprägung, ihrer Aaccce'haR, sind es jedenfalls nicht; ob es
die Arhvz sind, oder erst die g<?7zer% oder etwa erst die Familien,
ist nicht auszumachen. —
Über die Herkunft des Lebens zu reden ist durchaus müßig;
die Lehre von den kosmischen Keimen würde wohl ,,Ewigkeit,"
des Lebens bedeuten. —
Wäre die Phylogenie in der Tat nicht-maschinelle Evolution,
oder wäre wenigstens in ihr ein nicht-maschinell evolutiver Strom
des Geschehens, so wäre von der Logik, (nebenZufallsgeschehen),
ein nicht-materieller Werdebestimmer, ein nicht-materielles Natur-
agens zu setzen, welches, selbst intensiv-mannigfaltig, sich in
die in der Phylogene zur Erscheinung kommende extensive
HANS DRIESCH :
Sie wären ,,zum Teil" von ihrem Prodozenten verschieden,
wenn sein Typus neben dem Fortschrittstypus auch noch erhal-
ten bleibt.
Sie wären ,,alle" verschieden von ihrem Produzenten, wenn
sein Typus zu Gunsten des Fortschrittstypus völlig verschwindet.
STEINMANN hat sich das sogenannte Aussterben früher be-
standener Tierformen in dieser Weise gedacht: gewisse palä-
ontologisch vorfindliche Reptilienklassen wären in gewisse jetzt
lebende Säugetierklassen im Lauf der Generationen vollkommen
übergegangen; nicht also würde das ,,Aussterben" auf dem Aus-
bleiben von Nachkommen beruhen.
Von älteren Biologen und neuerdings von KRASAN ist der
Gedanke ausgesprochen worden, daß es ein vorgebildetcs ideelles
,,System" gebe, durch welches das belebte Materielle im Laufe
der Generationen sozusagen hindurchgepreßt werde. —
Mag die Phylogenie Evolution sein, jedenfalls haben die leben-
den Formen, welche sie zusammensetzen, auch kumulative
Züge; diese beruhen teils auf ,Zufälligkeiten" der Variation, die
wohl auf ,,zufällige" Verschiedenheiten des Mediums zurückgehen;
teils beruhen sie auf adaptiv Erworbenem, ln die Phylogenie ein-
treten können solche kumulativen Züge natürlich nur, wenn sie
vererblich sind, was, wie oben gesagt, nur für gewisse Adaptationen
in beschränktem Maße erwiesen ist.
Die Mischung von Kumulation und Evolution im Rahmen
der Phylogenie läßt jedenfalls die Frage berechtigt erscheinen,
welche von den phylogenetischen ,,Organen", den Individuen also,
oder vielmehr was an ihrer Kennzeichnung denn nun ganzheits-
wescntlich sei und was nicht. Die Individuen in ihrer eigensten
Eigenausprägung, ihrer Aaccce'haR, sind es jedenfalls nicht; ob es
die Arhvz sind, oder erst die g<?7zer% oder etwa erst die Familien,
ist nicht auszumachen. —
Über die Herkunft des Lebens zu reden ist durchaus müßig;
die Lehre von den kosmischen Keimen würde wohl ,,Ewigkeit,"
des Lebens bedeuten. —
Wäre die Phylogenie in der Tat nicht-maschinelle Evolution,
oder wäre wenigstens in ihr ein nicht-maschinell evolutiver Strom
des Geschehens, so wäre von der Logik, (nebenZufallsgeschehen),
ein nicht-materieller Werdebestimmer, ein nicht-materielles Natur-
agens zu setzen, welches, selbst intensiv-mannigfaltig, sich in
die in der Phylogene zur Erscheinung kommende extensive