Der Kommunismus der Wiedertäufer in Münster und seine Quellen. 23
der erleidet das Schicksal des Ananias und der Saphira. Dies
zweite Hauptanliegen des westfränkischen Klerus im 9. Jahrh.,
dem Raube des Kirchenguts zu wehren, das Geraubte zurückzu-
bekommen, dem siegreichen Vordringen des Eigenkirchenrechts
Halt zu gebieten, liegt klar zutage; der Papst des 3. Jahrhunderts
muß seine Stimme dazu herleihen, diese brennende Tagesförderung
des 9. durchzusetzen. Es ist aber nun ebenso klar, daß diese For-
derung noch kräftiger zu unterstützen schon jener Brief des ersten
Papstes, Clemens, erfunden wurde: er ist das Praeludium, der
Unterton für den Urbanusbrief, in dem dann zum Schluß auch
das andere Motiv noch aufgenommen wird, das moralische, daß
die in Gemeinschaft lebenden Brüder selbst auch ihr Gelübde
wirklich halten und sich nicht Eigenbesitz anschaffen.
So haben wir denn das abermals überraschende Ergebnis, daß
die These von der Gütergemeinschaft der „Armen von Jerusalem“
dazu herhalten muß, den reichen Besitz der fränkischen Hierarchie
zu schützen! Diesem Zwecke dient dann aber auch jene andere
Argumentation, die mit allgemeinen Gründen und Plato operierend
des spezifisch christlichen Charakters entbehrt und insofern sich
in einer gewissen Spannung zu der ersten befindet, als sie von einem
allgemeinen Menschenrecht überhaupt ausgeht. Das erklärt sich
aus dem Ursprung dieser Sätze, dem wir nun nachgehen müssen.
Die 5 Clemensbriefe stellen sich als eine besonders massive
Fälschung dar. Freilich war hier von vornherein die Anlehnung an
frühere Arbeiten ähnlicher Art gegeben. Das Bedürfnis, den un-
mittelbaren Nachfolger und Vertrauten des Apostelfürsten zu einer
greifbaren Figur zu machen und wiederum eine Menge von Schriften
und Gedanken dadurch zu legitimieren, daß man sie mit dieser
Etikette versah, ist schon früh und sehr stark empfunden worden:
je weniger historisch Sicheres vorlag, desto fröhlicher rankte die
Legende. Man schlage z. B. im Index zu Harnacic-Preuschen,
Altchristliche Literaturgeschichte I, nach, was alles an diesen Namen
angehängt worden ist. Aber gerade das einzige mit größerer Be-
stimmtheit einem wirklichen Clemens zuzuweisende Stück, das als
1. Clemensbrief gehende Schreiben der römischen Gemeinde an
die korinthische aus dem Ende des ersten Jahrhunderts, das in
der alten Kirche noch lange als heilige Schrift galt, nimmt Ps.-
Isidor nicht auf, er greift vielmehr aus der Menge der pseudo-
clementinischen Schriften den Brief an Jacobus und die Gemeinde
zu Jerusalem heraus — den er in der sogen. Quesnelsehen Kirchen-
der erleidet das Schicksal des Ananias und der Saphira. Dies
zweite Hauptanliegen des westfränkischen Klerus im 9. Jahrh.,
dem Raube des Kirchenguts zu wehren, das Geraubte zurückzu-
bekommen, dem siegreichen Vordringen des Eigenkirchenrechts
Halt zu gebieten, liegt klar zutage; der Papst des 3. Jahrhunderts
muß seine Stimme dazu herleihen, diese brennende Tagesförderung
des 9. durchzusetzen. Es ist aber nun ebenso klar, daß diese For-
derung noch kräftiger zu unterstützen schon jener Brief des ersten
Papstes, Clemens, erfunden wurde: er ist das Praeludium, der
Unterton für den Urbanusbrief, in dem dann zum Schluß auch
das andere Motiv noch aufgenommen wird, das moralische, daß
die in Gemeinschaft lebenden Brüder selbst auch ihr Gelübde
wirklich halten und sich nicht Eigenbesitz anschaffen.
So haben wir denn das abermals überraschende Ergebnis, daß
die These von der Gütergemeinschaft der „Armen von Jerusalem“
dazu herhalten muß, den reichen Besitz der fränkischen Hierarchie
zu schützen! Diesem Zwecke dient dann aber auch jene andere
Argumentation, die mit allgemeinen Gründen und Plato operierend
des spezifisch christlichen Charakters entbehrt und insofern sich
in einer gewissen Spannung zu der ersten befindet, als sie von einem
allgemeinen Menschenrecht überhaupt ausgeht. Das erklärt sich
aus dem Ursprung dieser Sätze, dem wir nun nachgehen müssen.
Die 5 Clemensbriefe stellen sich als eine besonders massive
Fälschung dar. Freilich war hier von vornherein die Anlehnung an
frühere Arbeiten ähnlicher Art gegeben. Das Bedürfnis, den un-
mittelbaren Nachfolger und Vertrauten des Apostelfürsten zu einer
greifbaren Figur zu machen und wiederum eine Menge von Schriften
und Gedanken dadurch zu legitimieren, daß man sie mit dieser
Etikette versah, ist schon früh und sehr stark empfunden worden:
je weniger historisch Sicheres vorlag, desto fröhlicher rankte die
Legende. Man schlage z. B. im Index zu Harnacic-Preuschen,
Altchristliche Literaturgeschichte I, nach, was alles an diesen Namen
angehängt worden ist. Aber gerade das einzige mit größerer Be-
stimmtheit einem wirklichen Clemens zuzuweisende Stück, das als
1. Clemensbrief gehende Schreiben der römischen Gemeinde an
die korinthische aus dem Ende des ersten Jahrhunderts, das in
der alten Kirche noch lange als heilige Schrift galt, nimmt Ps.-
Isidor nicht auf, er greift vielmehr aus der Menge der pseudo-
clementinischen Schriften den Brief an Jacobus und die Gemeinde
zu Jerusalem heraus — den er in der sogen. Quesnelsehen Kirchen-