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R. Reitzenstein:
wie Brandt wollte, aus einem babylonischen Antisemitismus zu
erklären, sondern nur aus dem Haß wirklich verwandter Stämme1.
Jerusalem und Jordan sind die Schlagworte für die Gegensätze2.
Hieraus und aus einer Reihe weiterer Anzeichen hat Prof. Lidz-
barski3 mit Sicherheit geschlossen, daß die mandäische Religion
eine Zeit lang in der Nähe des Judentums bestanden hat, oder
Adelmehr dort entstanden ist. Der ,,westsemitischen Ursprungs-
schicht“ des Mandäertums gehört also diese Schrift an; man mag
sie urmandäisch oder frühmandäisch oder, wenn man will, auch
vormandäisch nennen, wenn man sich nur bewußt ist, daß sie
einen wichtigen, allezeit anerkannten Teil der mandäischen Heiligen
Schrift bildet. So erklärt sich zugleich am einfachsten, daß der
,,Lügenmessias“ mit den Zügen der syrischen und palästinensischen
Bettelpropheten gezeichnet wird, so der ägyptische und vielleicht
auch phönizische Einschlag4. Natürlich hängt die Zeitbestim-
mung hiermit zusammen. Die ungeheure Bedeutung, die dem
Ereignis der Zerstörung Jerusalems beigemessen Avird, würde
schon an sich verbürgen, daß es noch nicht weit zurückliegt.
Wohl sind — wenigstens für mich — die in der mandäischen Quelle
genannten Namen Jaqif, Beni-Amin und Mirjai unbestimmbar,
aber ein Ereignis wie die Ermordung einer Anzahl nach Jerusalem
geflohener Sektierer ist in der letzten Zeit der Stadt glaublich
genug und auch kurz vorher bei der gewaltsamen Unterdrückung
messianischer Bewegungen nicht unmöglich. Prophezeiungen
mochten auftauchen, die an solche Morde den Untergang der
Stadt knüpften5. Streng gedeutet ferner läßt der Schluß der
mandäischen Apokalypse die Annahme gar nicht zu, daß zwischen
der Auffahrt des Enös und der Parusie noch Gläubige sterben.
Was Avürde wolil aus ihnen? Gehen sie wirklich in den Schlund
des Ungeheuers über? Wir wissen ja, Avie ähnliche Gedanken die
jungen Christengemeinden beunruhigt haben. Aber auch hiervon
1 Genzä r. XV 2 p. 304 P. kündet den Aufstieg der Gläubigen vor dem
Weltuntergang mit den Worten an: „Die hebräische Rede, die in zusammen-
stürzende Öde geworfen ist, .steige empor.“ (Rede == Zunge = Volk.)
2 Jenes ist wie die Welt Ort der Sünde, dieser Quelle des Lichts.
3 Johannesbuch S. XVIII, vgl. dazu auch Boussets Äußerungen
Theol. Rundschau XX 1917 S. 185 ff.
4 Z. B. in dem Namen und der Figur des Ptahil, der ja auch wenigstens
in Fassung II erscheint. Daß gerade dieser „vierte Gott“ zu der ältesten
mandäischen Lehre gehört, wird sich im Schluß ergeben.
5 Vgl- unten S. 44.
R. Reitzenstein:
wie Brandt wollte, aus einem babylonischen Antisemitismus zu
erklären, sondern nur aus dem Haß wirklich verwandter Stämme1.
Jerusalem und Jordan sind die Schlagworte für die Gegensätze2.
Hieraus und aus einer Reihe weiterer Anzeichen hat Prof. Lidz-
barski3 mit Sicherheit geschlossen, daß die mandäische Religion
eine Zeit lang in der Nähe des Judentums bestanden hat, oder
Adelmehr dort entstanden ist. Der ,,westsemitischen Ursprungs-
schicht“ des Mandäertums gehört also diese Schrift an; man mag
sie urmandäisch oder frühmandäisch oder, wenn man will, auch
vormandäisch nennen, wenn man sich nur bewußt ist, daß sie
einen wichtigen, allezeit anerkannten Teil der mandäischen Heiligen
Schrift bildet. So erklärt sich zugleich am einfachsten, daß der
,,Lügenmessias“ mit den Zügen der syrischen und palästinensischen
Bettelpropheten gezeichnet wird, so der ägyptische und vielleicht
auch phönizische Einschlag4. Natürlich hängt die Zeitbestim-
mung hiermit zusammen. Die ungeheure Bedeutung, die dem
Ereignis der Zerstörung Jerusalems beigemessen Avird, würde
schon an sich verbürgen, daß es noch nicht weit zurückliegt.
Wohl sind — wenigstens für mich — die in der mandäischen Quelle
genannten Namen Jaqif, Beni-Amin und Mirjai unbestimmbar,
aber ein Ereignis wie die Ermordung einer Anzahl nach Jerusalem
geflohener Sektierer ist in der letzten Zeit der Stadt glaublich
genug und auch kurz vorher bei der gewaltsamen Unterdrückung
messianischer Bewegungen nicht unmöglich. Prophezeiungen
mochten auftauchen, die an solche Morde den Untergang der
Stadt knüpften5. Streng gedeutet ferner läßt der Schluß der
mandäischen Apokalypse die Annahme gar nicht zu, daß zwischen
der Auffahrt des Enös und der Parusie noch Gläubige sterben.
Was Avürde wolil aus ihnen? Gehen sie wirklich in den Schlund
des Ungeheuers über? Wir wissen ja, Avie ähnliche Gedanken die
jungen Christengemeinden beunruhigt haben. Aber auch hiervon
1 Genzä r. XV 2 p. 304 P. kündet den Aufstieg der Gläubigen vor dem
Weltuntergang mit den Worten an: „Die hebräische Rede, die in zusammen-
stürzende Öde geworfen ist, .steige empor.“ (Rede == Zunge = Volk.)
2 Jenes ist wie die Welt Ort der Sünde, dieser Quelle des Lichts.
3 Johannesbuch S. XVIII, vgl. dazu auch Boussets Äußerungen
Theol. Rundschau XX 1917 S. 185 ff.
4 Z. B. in dem Namen und der Figur des Ptahil, der ja auch wenigstens
in Fassung II erscheint. Daß gerade dieser „vierte Gott“ zu der ältesten
mandäischen Lehre gehört, wird sich im Schluß ergeben.
5 Vgl- unten S. 44.