Stiftung und Kultsatzungen eines Privatheiligtums in Philadelpheia. 17
liehe Nachklang der alten Prodikosfabel von Herakles am Scheide-
weg. Dieser Scheideweg selbst ist, was KPr. übersehen hatten,
aber Brinckmann in einem ausgezeichneten Aufsatz erkannte
(Rhein. Mus. 66, 1911, S. 616ff.), bezeichnet durch das Y, das die
Felder des Reliefs scheidet. Also das pythagoreische Symbol des
Scheidewegs. So gewinnt die leider sehr zerstörte Inschrift des
Reliefs (lauter Pentameter) höhere Bedeutung:
Ού γενόμαν Σάμιος [κ]εΐνος ό Πυθαγόρας,
άλλ’έφύην σοφίη, τάτό λαχών ονο[μα]
[τον] πόνον <(ον)> ένκρείνας αιρετόν [εν βιότω]
.ρα.ουτο.
Das Relief gehört seinen guten Buchstaben nach in den
Beginn des I. Jahrhunderts n. Chr.; damals also war die Sym-
bolik der litera Pythagorica schon in Philadelpheia bekannt ; und
wenn die Eltern des Verstorbenen ihn Pythagoras getauft hatten,
dann mußte, worauf soeben sehr treffend Immisch (Agathar-
chidea, Sitz.-Ber. Heidelb. Akad. 1919, 7, S. 37 A. 1) hingewiesen
hat, doch schon in vorchristlicher Zeit dort eine Art von neu-
pythagoreischer Moralphilosophie, der dieser Pythagoras dann
später huldigte, geherrscht haben (vgl. auch Prächter, im
Überweg, I11 1920, S. 586). Wie wichtig das für unsere
Philadelpheiainschrift mit ihrem moralisierenden Einschlag ist,
che wohl in die 2. Hälfte des 2. Jhd.s gehört (vgl. § 1), springt in
die Augen.
Neben vielen anderen Personifikationen begegnet uns Αρετή
auf dem bekannten Relief des Archelaos von Priene mit der Apo-
theose Homers, und zwar, was für uns auch wichtig ist, unmittelbar
neben Μνήμη (vgl. § 55). Die Datierung dieses Reliefs schwankt
leider sehr, die epigraphischen Indizien sind nicht klar genug und
die kunstgeschichtlichen noch weniger. Der meist vertretene Ansatz
von Watzinger auf das Ende des 3. Jhd.s v. Chr. wird, meine ich,
mit Recht von Sieveking u. a. in Frage gestellt (vgl. Röm. Mitt.
32, 1917, S. 80 ff.); um 100 v. Chr., was Wolters (bei Sieveking
83 A. l) festhält, scheint mir gut zu passen, gerade auch wegen des
Auftretens der vielen mit Namen versehenen Personifikationen.
Das fängt freilich schon im Kreis der Meidiasvasen an, aber das
Relief des Prieneers wird man doch ungern von dem Auftreten
der Personifikationen in kleinasiatischen Kulten trennen wollen.
Αρετή, Μνήμη, Πίστις und Σοφία als Patroninnen des Dichters,
Sitzungsberichte der Heidelb. Akad., philos-hist. Kl. 1919. 16. Abh.
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liehe Nachklang der alten Prodikosfabel von Herakles am Scheide-
weg. Dieser Scheideweg selbst ist, was KPr. übersehen hatten,
aber Brinckmann in einem ausgezeichneten Aufsatz erkannte
(Rhein. Mus. 66, 1911, S. 616ff.), bezeichnet durch das Y, das die
Felder des Reliefs scheidet. Also das pythagoreische Symbol des
Scheidewegs. So gewinnt die leider sehr zerstörte Inschrift des
Reliefs (lauter Pentameter) höhere Bedeutung:
Ού γενόμαν Σάμιος [κ]εΐνος ό Πυθαγόρας,
άλλ’έφύην σοφίη, τάτό λαχών ονο[μα]
[τον] πόνον <(ον)> ένκρείνας αιρετόν [εν βιότω]
.ρα.ουτο.
Das Relief gehört seinen guten Buchstaben nach in den
Beginn des I. Jahrhunderts n. Chr.; damals also war die Sym-
bolik der litera Pythagorica schon in Philadelpheia bekannt ; und
wenn die Eltern des Verstorbenen ihn Pythagoras getauft hatten,
dann mußte, worauf soeben sehr treffend Immisch (Agathar-
chidea, Sitz.-Ber. Heidelb. Akad. 1919, 7, S. 37 A. 1) hingewiesen
hat, doch schon in vorchristlicher Zeit dort eine Art von neu-
pythagoreischer Moralphilosophie, der dieser Pythagoras dann
später huldigte, geherrscht haben (vgl. auch Prächter, im
Überweg, I11 1920, S. 586). Wie wichtig das für unsere
Philadelpheiainschrift mit ihrem moralisierenden Einschlag ist,
che wohl in die 2. Hälfte des 2. Jhd.s gehört (vgl. § 1), springt in
die Augen.
Neben vielen anderen Personifikationen begegnet uns Αρετή
auf dem bekannten Relief des Archelaos von Priene mit der Apo-
theose Homers, und zwar, was für uns auch wichtig ist, unmittelbar
neben Μνήμη (vgl. § 55). Die Datierung dieses Reliefs schwankt
leider sehr, die epigraphischen Indizien sind nicht klar genug und
die kunstgeschichtlichen noch weniger. Der meist vertretene Ansatz
von Watzinger auf das Ende des 3. Jhd.s v. Chr. wird, meine ich,
mit Recht von Sieveking u. a. in Frage gestellt (vgl. Röm. Mitt.
32, 1917, S. 80 ff.); um 100 v. Chr., was Wolters (bei Sieveking
83 A. l) festhält, scheint mir gut zu passen, gerade auch wegen des
Auftretens der vielen mit Namen versehenen Personifikationen.
Das fängt freilich schon im Kreis der Meidiasvasen an, aber das
Relief des Prieneers wird man doch ungern von dem Auftreten
der Personifikationen in kleinasiatischen Kulten trennen wollen.
Αρετή, Μνήμη, Πίστις und Σοφία als Patroninnen des Dichters,
Sitzungsberichte der Heidelb. Akad., philos-hist. Kl. 1919. 16. Abh.
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