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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 16. Abhandlung): Stiftung und Kultsatzungen eines Privatheiligtums in Philadelpheia in Lydien — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37693#0057
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Stiftung und Kultsatzungen eines Privatheiligtums in Philadelpheia. 55

Z. 16. Durch einen Eid hei „allen Göttern“
müssen die Kultgenossen bezeugen, daß sie frei sind von den im
folgenden genannten Verfehlungen gegen ihre Mitmenschen. Die
Aufzählung schreitet von leichteren zu schwereren und schwersten
Vergehungen fort. Und zwar kommt Tat wie Mitwisserschaft
gleichermaßen in Betracht.
Z. 17. δόλον, jeder listige Anschlag, jedes Mittel zu Betrug,
vgl. unten S. 59 die Tabelle.
Z. 18. φάρμακον πονηρόν, allgemeine Bezeichnung für Zauber-
mittel (vgl. Osthoff, Beiträge z. K. d. indogerm. Spr. 24, S. 144ff.),
die dann im einzelnen näher bestimmt werden durch
Z. 19 f. έπωιδαί πονηραί und φίλτρον. Alle drei sind
technische Bezeichnungen, die uns aus der antiken Magie geläufig
sind, vgl. A. Abt, Die Apologie des Apuleius und die antike Zauberei
(RGW. IV 2, 1908), S. 112, 114 über φάρμακον, S. 41, 43, 99
über Beschwörungen (έπωιδαί), S. 98f., 101 über Liebestränke
(φίλτρον). Darf man dem Zusatz πονηρός bei φάρμακον und έποη-
δαί besonderes Gewicht beimessen und daraus schließen, daß nur
die „schwarze“ Magie, Schadenzauber, verboten ist als verbreche-
risch, die „weiße“ Magie aber, magische Mittel und Beschwörun-
gen etwa bei Krankheitsheilungen gestattet oder zum mindesten
stillschweigend geduldet wurden ? φάρμακα έσθλά und λυγρά
werden einander ja oft gegenübergestellt (Osthoff a. a. 0. 145);
φίλτρα waren offenbar durchweg verboten.
Diese Bestimmung ist außerordentlich lehrreich; sie zeigt uns
erstens die große Verbreitung des Aberglaubens und der Zauberei,
sonst würde kaum in dieser Ausführlichkeit darauf eingegangen
werden. Und zweitens steht diese Vorschrift m. W. vereinzelt da in
Kultgesetzen. Tempelgesetze, wie wir sie sonst vielfach kennen,
erwähnen nichts davon. Die staatliche Gerichtsbarkeit hat aller-
dings schon sehr früh den Schadenzauber verboten, vgl. die lex
de imprecationibus supprimendis aus Olympia, vor 580 (Solmsen,
IG. dial.3 41), die Dirae Teiorum, nach 479 (Syll.3 37): όστις φάρ-
μακα δηλητήρια ποιοι έπί Τηίοισιν τό ξυνον ή επ’ ιδιώτηι, κενόν άπόλλυ-
σΈαι καί αύτόν καί γένος τό κένο, Plato Ges. X 909 Β (έπωδαις γοητεύ-
οντες), XI 933 DE (καταδέσεσιν ή έπαγωγαίς ή τισιν έπωδαις ή των
τοιούτων [φαρμακείων] usw., vgl. Lipsius, Att. Recht 365. Im XII.
Tafelgesetz qui maliim carmen incantassit; mehr bei Abt a. a. O.
9 u. 192; Dieterich, Nekvia 170 A. 2. Die Bestimmung des
XII. Tafelgesetzes wird ja öfters auf Scheltlieder bezogen, Zauber
 
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