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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 16. Abhandlung): Stiftung und Kultsatzungen eines Privatheiligtums in Philadelpheia in Lydien — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37693#0060
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58

O. Wein reich :

Entwicklung ist, daß sein Privatkult ernste ethische Forde-
rungen an seine Adepten erhebt, auch wenn ich diese Forde-
rungen nicht mit einer philosophischen Etikette — orphisch,
stoisch — abstempeln kann. Die „Moralphilosophie“, die der
philadelphische Pythagoras vertrat (oben § 25), wird auch nicht
sehr weit abliegen; in solchen allgemein sittlichen Anschau-
ungen sind die Grenzen vielleicht noch weniger scharf zu ziehen
als bei den religiösen Problemen, die wir im 1. Abschnitt zu be-
sprechen hatten.
90. Es war eben von der Didache der 12 Apostel die Rede.
Diese bietet auch über den eben besprochenen Punkt hinaus
Parallelen zu unseren Vorschriften; nur ist die Disposition anders,
geht vom Mord aus zur sexuellen Ethik, dann Diebstahl, dann
Magie, dann gynaekologische Ethik. Ich füge noch einiges weitere
Material aus ethischen Verbotslisten hinzu, das sämtlich weit
jünger ist als unser Hieros Nomos aus Philadelpheia, der zeigen
mag, wie viel von christlicher Sittlichkeit in kleinen lokalen
Religionsgemeinschaften Kleinasiens schon vorbereitet war. Alt-
und neutestamentliche Einzelparallelen zur Didache schreibe ich
nicht aus, man findet sie ja in den gangbaren Ausgaben (Harnack,
Funk, Lietzmann, auch in Henneckes Apokryphenkommentar)
notiert. Für die Sünden selbst vgl. auch Dieterich, Nekyia 174ff.,
für die Pseudo-Phokylidea BerNxAYs’ klassische Abhandlung, Ges.
Abhdlg. I, 192ff. Hierzu die Tabelle auf S. 59.
91. Z. 25 έμφανιεΐν.
Vgl. Phokyl. 1321'.: „Gottlos ist es, den frevelnden Mann vor
Überführung zu schützen. Offenbaren soll man den Übeltäter und
abwehren“, dazu Bernays 237. — Täter und Mitwisser müssen die
Übeltaten kundtun, nämlich der geistlichen Gerichtsbarkeit, wie
sie gerade in Lydien und Phrygien besondere Formen angenommen
hatte. Da haben wir zahlreiche Schuldbekenntnisse vonVerfehlungen
gegen Leben und Eigentum des Nächsten, gegen die Sittlichkeit,
namentlich sofern damit zugleich eine Reinheitsvorschrift eines
Heiligtums verletzt wurde. Für all diese Dinge, Anzeigen und
Selbstbekenntnis in Form einer Beichte, verweise ich auf die schon
zitierte Arbeit von Steinleitner (einige Nachträge dazu gab ich
Lit. Zentralbl. 1914, 26f.). Das έμφανιεΐν erfolgte entweder
mündlich oder, wie in Lydien (Maeonien) und Karien, schriftlich,
 
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