Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft.
99
ursachung vollzieht sich von dem gesetzten Urzustand aus durch
den Wirbel, der die Massen gegeneinander drängt, zuerst die Ver-
dichtung und dann erfolgt weiter in gewissen Zeitpunkten die Aus-
schleuderung eines Stücks von dem durch Verdichtung gebildeten
Zentralkörper. Die Erklärung reicht in mancher Hinsicht viel
weiter als die im Timaios gegebene. Aber anderseits läßt sie einige
Fragen ganz unbeantwortet, für die dort eine Lösung versucht
worden ist. Aus dem Zusammenwirken der Massenanziehungskraft
und der Fliehkraft, die das ausgeschleuderte Stück bei seiner
Lostrennung von der Peripherie des Zentralkörpers in der Rich-
tung der Tangente erhalten hat, wird die Form der elliptischen
Bahn begreiflich, die es fernerhin um jenen beschreibt, aus dem
Verhältnis seiner eigenen Masse zu der Geschwindigkeit jener ihm
mitgeteilten Bewegung der Durchmesser dieser Bahn. Aber
warum sind gerade diese Massen, die wir in unserer Erde, im Mars,
der Venus, dem Jupiter usw. vor uns haben, warum nicht größere
oder kleinere durch die Schwungkraft losgelöst und herausgerissen
worden und warum war die Geschwindigkeit der Rotation des
Zentralkörpers eben genau die, die wir aus den beobachteten
Tatsächlichkeiten berechnen, und nicht eine beliebige andere ?
grundsätzlich verkehrt. An der Stelle, wo sie vorkomme, werde die wissen-
schaftliche Erklärung abgebrochen. Streng wissenschaftlich könne nur immer
von Wirkungen auf Ursachen ganz gleicher Art zurückgeschlossen werden,
aber nicht von Physischem auf Psychisches. Wer das tue, wie Platon, indem
er als άρχή κινήσεως die sich selbst bewegende ψυχή hinstellt, verstoße gegen
das für die Naturwissenschaft unentbehrliche Axiom von der Erhaltung der
Energie. Durch diese Einrede wird der Gottesgedanke über die Grenzen der
Welt hinausgeschoben — unter Beistimmung der Kantianer, die die Welt
als das Reich der sinnlich vermittelten Erfahrung, das der Naturwissenschaft
zur Bearbeitung Vorbehalten sei, trennen wollen von dem durch praktische
Vernunfttätigkeit geschaffenen und der praktischen Vernunfterkenntnis zu-
gänglichen Gebiet des Willens, das die Ethik beschreibe und in dem auch die
Theologie ihre Grundlagen habe. Ich möchte dagegen die einfache Frage er-
heben: ist nicht die Vernunft ihrem Begriff nach erkennend und „praktische“
Vernunft ein Widerspruch in sich selbst ? und gibt es für uns eine Möglichkeit
des Erkennens, wenn wir den Gedanken der Notwendigkeit preisgeben, die
alles Entstehende, sich Entwickelnde mit einander verbinde? Diese Not-
wendigkeit aber erkennt Kant für das Gebiet der Ethik nicht an. Damit
verschwimmt dort alles in phantastischen Nebel. Sofern das Walten einer
geistigen Macht in der Welt außer Betracht gelassen wird, muß natürlich das
Recht der teleologischen Erklärung der Einzelheiten ihres Bestands abgelehnt
werden. Denn Zwecke sind nur denkbar als gesetzt von einem denkenden
und wollenden Wesen, einem Geiste.
99
ursachung vollzieht sich von dem gesetzten Urzustand aus durch
den Wirbel, der die Massen gegeneinander drängt, zuerst die Ver-
dichtung und dann erfolgt weiter in gewissen Zeitpunkten die Aus-
schleuderung eines Stücks von dem durch Verdichtung gebildeten
Zentralkörper. Die Erklärung reicht in mancher Hinsicht viel
weiter als die im Timaios gegebene. Aber anderseits läßt sie einige
Fragen ganz unbeantwortet, für die dort eine Lösung versucht
worden ist. Aus dem Zusammenwirken der Massenanziehungskraft
und der Fliehkraft, die das ausgeschleuderte Stück bei seiner
Lostrennung von der Peripherie des Zentralkörpers in der Rich-
tung der Tangente erhalten hat, wird die Form der elliptischen
Bahn begreiflich, die es fernerhin um jenen beschreibt, aus dem
Verhältnis seiner eigenen Masse zu der Geschwindigkeit jener ihm
mitgeteilten Bewegung der Durchmesser dieser Bahn. Aber
warum sind gerade diese Massen, die wir in unserer Erde, im Mars,
der Venus, dem Jupiter usw. vor uns haben, warum nicht größere
oder kleinere durch die Schwungkraft losgelöst und herausgerissen
worden und warum war die Geschwindigkeit der Rotation des
Zentralkörpers eben genau die, die wir aus den beobachteten
Tatsächlichkeiten berechnen, und nicht eine beliebige andere ?
grundsätzlich verkehrt. An der Stelle, wo sie vorkomme, werde die wissen-
schaftliche Erklärung abgebrochen. Streng wissenschaftlich könne nur immer
von Wirkungen auf Ursachen ganz gleicher Art zurückgeschlossen werden,
aber nicht von Physischem auf Psychisches. Wer das tue, wie Platon, indem
er als άρχή κινήσεως die sich selbst bewegende ψυχή hinstellt, verstoße gegen
das für die Naturwissenschaft unentbehrliche Axiom von der Erhaltung der
Energie. Durch diese Einrede wird der Gottesgedanke über die Grenzen der
Welt hinausgeschoben — unter Beistimmung der Kantianer, die die Welt
als das Reich der sinnlich vermittelten Erfahrung, das der Naturwissenschaft
zur Bearbeitung Vorbehalten sei, trennen wollen von dem durch praktische
Vernunfttätigkeit geschaffenen und der praktischen Vernunfterkenntnis zu-
gänglichen Gebiet des Willens, das die Ethik beschreibe und in dem auch die
Theologie ihre Grundlagen habe. Ich möchte dagegen die einfache Frage er-
heben: ist nicht die Vernunft ihrem Begriff nach erkennend und „praktische“
Vernunft ein Widerspruch in sich selbst ? und gibt es für uns eine Möglichkeit
des Erkennens, wenn wir den Gedanken der Notwendigkeit preisgeben, die
alles Entstehende, sich Entwickelnde mit einander verbinde? Diese Not-
wendigkeit aber erkennt Kant für das Gebiet der Ethik nicht an. Damit
verschwimmt dort alles in phantastischen Nebel. Sofern das Walten einer
geistigen Macht in der Welt außer Betracht gelassen wird, muß natürlich das
Recht der teleologischen Erklärung der Einzelheiten ihres Bestands abgelehnt
werden. Denn Zwecke sind nur denkbar als gesetzt von einem denkenden
und wollenden Wesen, einem Geiste.