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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0022
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22

G. Weise:

abendländischem und orientalischem Typus zu unterscheiden.
In dem ersten Auftreten einer über die östliche Schmalseite vor-
springenden Apside, an die sich dann nachträglich seitliche Neben-
räume gelegt hätten1, wäre eine Neuerung zu erblicken, die nichts
mit einer Fortentwicklung der bisherigen, nur als freistehende
Priesterbank dienenden inneren Apsidenmauern zu tun hätte.
Das bis jetzt bekannt gewordene Material reicht noch nicht aus,
um diese Fragen mit absoluter Sicherheit zu entscheiden. Möglich
wäre m. E. doch auch, daß sich die Entwicklung in der Richtung
vollzogen hätte, daß über der halbrunden Priesterbank eine Art
apsidenartiger Aufbau entstand, der dann bis an die östliche
Abschlußmauer der ganzen Anlage heran oder über diese hinaus-
gerückt wurde, so daß Prothesis und Diakonikon syrischer Bauten
entsprechende Nebenräume in Verlängerung der Abseiten zwischen
den freien Schenkeln der Apside und den seitlichen Außenmauern
sich einschoben. Beispiele wie die von Egger selbst publizierte
Basilika von Teurnia (St. Peter im Holz) in Kärnten, könnten es
doch wahrscheinlich machen, daß im Abendlande die Anbringung
seitlicher Kapellenräume der Verbindung der Apside mit der Ost-
wand der ganzen Anlage schon vorausging.
Mit dieser frühchristlichen Friedhofskirche von Teurnia2 be-
rührt sich nun der von uns in Laon aufgedeckte Bau unter allen
verwandten Anlagen weitaus am meisten. Er teilt mit ihr vor
allem die beiden seitlich von dem mittleren Chorraum nach Osten
vorspringenden Nebenapsiden, denen besondere Kulträume zweifel-
los entsprochen haben dürften. Wie es in Teurnia noch heute
nachweisbar ist, wird auch in Laon in einigem Abstand von dem
Scheitel der Hauptapsis eine die beiden Nebenapsiden verbindende
Mauer in von Norden nach Süden ziehendem Verlauf angenommen
werden müssen. Fortgeschrittener aber zeigt sich Laon sowohl
hinsichtlich der Einordnung der großen Apside wie der seitlichen
Nebenräume. Während letztere in Teurnia bei ursprünglich ein-
schiffigem Langhaus noch als seitlich über die Langhausmauern
vorspringende Anbauten erscheinen, bringt St. Vincenz sie bereits
in organischer Einordnung in den durch die durchlaufende Flucht
der seitlichen Langhausmauern gegebenen Rahmen des ganzen

1 Als Beispiel führt Egger (a. a. O., S. 123) die konstantinische Ge-
meindekirche von Salona an.
2 Vgl. Egger, a. a. O., S. 12ff.
 
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