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Weise, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 21. Abhandlung): Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländischen Basilikengrundrisses in den frühesten Jahrhunderten des Mittelalters — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37698#0067
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Studien zur Entwicklungsgeschichte des abendländ. Basilikengrundrisses. 67
Pippin hatte die von ihm an neuer Stelle errichtete Kloster-
kirche zu seiner Grablege bestimmt. Nach den Miracula sancti
Dionysii* 1, deren Abfassung noch ins 9. Jahrhundert zurückgeht,
wurde der Bau von Pippin begonnen und von seinem Nachfolger
Karl -zu Ende geführt2. Zu dieser Notiz stimmen die sonstigen auf
uns gekommenen Nachrichten. Sie gestatten uns, Beginn und
Vollendung des Baues ziemlich genau zeitlich festzulegen.
Das Datum der Vollendung gibt uns zunächst die von Karl
dem Großen am 25. Februar 775 im Kloster selbst für St. Denis,
ubi . . . nos Christo propitio a novo aedificavimus opere et modo
cum magno decore iussimus dedicare . . . ausgestellte Schenkungs-
urkunde, die St. Denis die Villen Messy und Lusarches überträgt3.
Die Anwesenheit des Kaisers bei der Einweihung der Kirche muß
den Anlaß zu der Schenkung gegeben haben4. Am 24. Februar
fand die Weihe statt5. Der genannte Tag erscheint auch später
in den Kalendarien des Klosters stets als Jahrestag der Kirc-hweihe6.
Keineswegs wird das ,,a novo aedificavimus“ der Urkunde so
gedeutet werden dürfen, als ob Karl der Große selbst einen Neubau
veranlaßt hätte. Die Kürze der Frist von Karls Regierungsantritt
bis zur Weihe des Gotteshauses, die, wie wir unten sehen werden,
als abschließend zu betrachten ist, läßt diese Vermutung aus-
geschlossen erscheinen. Zudem wissen wir, daß Pippin schon den
Bau begonnen, ja in ihm seine letzte Ruhestätte gefunden hatte7.
reits unter Dagobert erfolgten Verlegung kann also nicht die Rede sein.
Auch bieten die von Viollet-le-Duc bei der Grabung festgestellten Reste
nicht die Möglichkeit für Einreihung eines von dieser Stelle vorzunehmen-
den vorkarolingischen Baues. Zu weiterer Bekräftigung der von Levillain
vertretenen Ansicht ließe sich auch, wie oben gestreift werden wird, auf
die Worte ,,de novo aedificavimus“ in Karls des Großen Diplom von 775
hinweisen.
1 Mabillon, AA. SS. o. s. B. III, 2, S. 343ff.
2 a. a. O., S. 347: Coepta a Pippino rege., augustius a Karolo regni
successore consummata est.
3 M. G. Dipl. Karol. I, S. 133.
4 Alle sonstigen Urkunden für St. Denis entbehren eines ähnlichen
Hinweises.
5 Vgl. Levillain, a. a. O., S. 149.
6 Vgl. die Hinweise bei Levillain, a. a. O., S. 160, Anm. 1.
7 Nach dem Brief Ludwigs des Frommen an Hilduin von St. Denis
vom Jahre 835 (M. G. Epist. V, S. 326) wurde Pippin ante limina basilicae
sanctorum martyrum bestattet. Karl der Große ließ später einen Portikus
über dem Grabe errichten. Vgl. Levillain, a. a. O., S. 161.
 
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