Charakteristik der Relation.
57
steht hier die Persönlichkeit Sultan Murad III. Die Schilderung
der vita e costumi del Gran Turco1 lag im Plane der Relation, sie
füllt den vierten Abschnitt1 2, aber sie ist nicht auf diesen beschränkt.
Wenn die Schilderungen in diesem Kapitel bei dem strengen
orientalischen Konservativismus in vielem, vor allem was äußer-
liche Formen wie Zeremoniell u. a. angeht, ebenso für frühere wie
spätere Sultane im wesentlichen gelten können, so hat Dominico
andererseits aus seiner beobachtenden Stellung als Mensch, Arzt
und Gelehrter hier wie sonst an verschiedenen Stellen der Relation
eine Reihe persönlicher Züge Sultan Murads überliefert. Den Wert
dieser Bemerkungen hat schon Ranke mit meisterlicher Sicher-
heit erkannt, ohne, wie oben bereits gesagt, zu ahnen, wie nahe der
Berichterstatter der Person des Sultans gewesen ist3.
Von Speise und Trank des Sultans, seiner Tafel, seinem Ge-
schirr, von dem gelegentlichen Gnadenbeweise in der Abgabe des
eigens für den Großherrn gebackenen Brotes al suo medico piü
caro erfahren wir bereits bei der Schilderung des Serai (S. 38—40),
dort wird auch das unterirdische Schatzgewölbe beschrieben, das
Murad hatte anlegen lassen4. Von dem Verfahren bei Erkrankung
des Sultans sowohl wie der Haremsdamen wird — sichtlich aus
eigener Erfahrung — eingehend berichtet (S. 65). Von Murads
Menschenfreundlichkeit bei einer großen Feuersbrunst, von der
Aufnahme der Abgebrannten im Serai usw. erzählt Dominico, wo
er kurz über die Maßnahmen bei Feuersbrünsten in Konstan-
tinopel überhaupt spricht, ausführlich (S. 82). Dominico allein
berichtet von dem Mitleid, das Murad bei der Thronbestei-
gung mit seinen Brüdern hatte, von den Versuchen, den Qanun
des Brudermordes zu umgehen (S. 69)5. Wir hören, wie
sich Murad einmal für die Anzahl der Mekkapilger (S. 100), ein
1 So die Überschrift im cod. Berol. Ital. Fol. 12, Bl. 521.
2 S. 50 —83 des Druckes von 1621.
3 Fürsten und Völker von Süd-Europa im 16. und 17. Jahrhundert.
1827, in vierter, erweiterter Auflage u. d. Titel: Die Osmanen und die Spanische
Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert = Sämtliche Werke, Bd. 35, 36,
Leipzig 1877, S. 28 A. 1 (Bl. 532 des cod. Berol.), 29 A. 3 (Bl. 511v).
4 Hammer a. a. O. Bd. 4, S. 10. — Ranke a. a. O. S. 29. — Zinkeisen
bezweifelt die Angaben über die Eingänge an Geld in diesen Schatz, a. a. O.
S. 388 A. 1.
5 Vgl. Ranke a. a. O. S. 28. — Hammer a. a. O. S. 12 Anm. a bezeichnet
die Darstellung (Dominicos) als „verschönernde Erfindung“, ebenso Zink-
eisen a. a. O. S. 382 f. A. 1. — Dominico hat damals noch nicht in Konstan-
tinopel gelebt und kennt den Vorgang nur vom Hörensagen.
57
steht hier die Persönlichkeit Sultan Murad III. Die Schilderung
der vita e costumi del Gran Turco1 lag im Plane der Relation, sie
füllt den vierten Abschnitt1 2, aber sie ist nicht auf diesen beschränkt.
Wenn die Schilderungen in diesem Kapitel bei dem strengen
orientalischen Konservativismus in vielem, vor allem was äußer-
liche Formen wie Zeremoniell u. a. angeht, ebenso für frühere wie
spätere Sultane im wesentlichen gelten können, so hat Dominico
andererseits aus seiner beobachtenden Stellung als Mensch, Arzt
und Gelehrter hier wie sonst an verschiedenen Stellen der Relation
eine Reihe persönlicher Züge Sultan Murads überliefert. Den Wert
dieser Bemerkungen hat schon Ranke mit meisterlicher Sicher-
heit erkannt, ohne, wie oben bereits gesagt, zu ahnen, wie nahe der
Berichterstatter der Person des Sultans gewesen ist3.
Von Speise und Trank des Sultans, seiner Tafel, seinem Ge-
schirr, von dem gelegentlichen Gnadenbeweise in der Abgabe des
eigens für den Großherrn gebackenen Brotes al suo medico piü
caro erfahren wir bereits bei der Schilderung des Serai (S. 38—40),
dort wird auch das unterirdische Schatzgewölbe beschrieben, das
Murad hatte anlegen lassen4. Von dem Verfahren bei Erkrankung
des Sultans sowohl wie der Haremsdamen wird — sichtlich aus
eigener Erfahrung — eingehend berichtet (S. 65). Von Murads
Menschenfreundlichkeit bei einer großen Feuersbrunst, von der
Aufnahme der Abgebrannten im Serai usw. erzählt Dominico, wo
er kurz über die Maßnahmen bei Feuersbrünsten in Konstan-
tinopel überhaupt spricht, ausführlich (S. 82). Dominico allein
berichtet von dem Mitleid, das Murad bei der Thronbestei-
gung mit seinen Brüdern hatte, von den Versuchen, den Qanun
des Brudermordes zu umgehen (S. 69)5. Wir hören, wie
sich Murad einmal für die Anzahl der Mekkapilger (S. 100), ein
1 So die Überschrift im cod. Berol. Ital. Fol. 12, Bl. 521.
2 S. 50 —83 des Druckes von 1621.
3 Fürsten und Völker von Süd-Europa im 16. und 17. Jahrhundert.
1827, in vierter, erweiterter Auflage u. d. Titel: Die Osmanen und die Spanische
Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert = Sämtliche Werke, Bd. 35, 36,
Leipzig 1877, S. 28 A. 1 (Bl. 532 des cod. Berol.), 29 A. 3 (Bl. 511v).
4 Hammer a. a. O. Bd. 4, S. 10. — Ranke a. a. O. S. 29. — Zinkeisen
bezweifelt die Angaben über die Eingänge an Geld in diesen Schatz, a. a. O.
S. 388 A. 1.
5 Vgl. Ranke a. a. O. S. 28. — Hammer a. a. O. S. 12 Anm. a bezeichnet
die Darstellung (Dominicos) als „verschönernde Erfindung“, ebenso Zink-
eisen a. a. O. S. 382 f. A. 1. — Dominico hat damals noch nicht in Konstan-
tinopel gelebt und kennt den Vorgang nur vom Hörensagen.