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Cl. Frh. von Schwerin:
schaft ausreichen, von der man nach Lage der Verhältnisse doch
keinesfalls ein klares Bild, sondern nur Spuren erwarten könnte.
Gleichwohl aber wird eine vorsichtige Anwendung vergleichender
Methode den Beweis oder auch nur die Wahrscheinlichkeit einer
Verwandtschaft solange ablehnen müssen, als nicht feststeht, daß
die seniores und aloarii den älteren Entwicklungsstufen des salischen
Rechtes angehören. Dies aber steht nicht nur nicht fest, sondern
läßt sich auch nicht wahrscheinlich machen. Im Gegenteil deutet
manches darauf hin, daß beide Institute jüngeren Datums sind. In
dieser Beziehung ist oben schon auf die Entwicklung der Bestrafung
in Lex Sah 48 hingewiesen worden. Dazu kommt, daß tit. 102
nach der herrschenden Auffassung zu den jüngeren Zusätzen der
Lex Salica gehört und wohl gerade mit den Änderungen in tit. 48
in Zusammenhang steht. Die Gartae Senonicae aber gehören erst
dem späten 8. Jahrhundert an1. Die immerhin nicht ausgeschlos-
sene Möglichkeit, daß sich in diesen jüngeren Quellen ältestes
Recht erhalten habe, ist so entfernt, daß sie füglich nicht zur Basis
für die Feststellung von Verwandtschafts Verhältnissen dienen kann2.
Kann so ein Zusammenhang zwischen seniores und aloarii
einerseits und dem vitni andererseits nicht bewiesen werden, so
scheidet die Frage, wie jene Institute, deren Ähnlichkeit mit dem
vitni immerhin feststeht, in das salische Recht gelangt sind, hier
aus. Ob etwa, wie Go sack3 annimmt, eine Beziehung zwischen
den conlaudanles der senonischen Formeln und den laudatores
des langobardischen Rechts besteht, muß dahingestellt bleiben;
in der Form, in der die laudatores in den langobardischen Quellen
auftreten, sind sie jedenfalls von den conlaudantes reichlich ver-
schieden. Noch weniger dürfte eine nicht in das Gebiet derPhantasie
übergreifende Untersuchung mit dem Gedanken spielen, in den
laudatores die Brücke zwischen salischem und skandinavischem
Recht zu sehen.
Weit klarer als der Ursprung des Eides mit vitni ist seine Weiter-
bildung und seine Umbildung.
1 Brunner RG. I2 582f.
2 Eine Frage für sich ist es, ob nicht etwa die ausgedehnte Verwendung
des Zeugenbeweises im salischen Recht (vgl. Brunner RG. II 395; Fr.
Beyerle, Das Entwicklungsproblem im germanischen Rechtsgang I (1915)
424 ff.) als Spur einer Entwicklung gedeutet werden kann, wie sie oben für das
schwedische Recht geschildert ist.
3 a. a. O.
Cl. Frh. von Schwerin:
schaft ausreichen, von der man nach Lage der Verhältnisse doch
keinesfalls ein klares Bild, sondern nur Spuren erwarten könnte.
Gleichwohl aber wird eine vorsichtige Anwendung vergleichender
Methode den Beweis oder auch nur die Wahrscheinlichkeit einer
Verwandtschaft solange ablehnen müssen, als nicht feststeht, daß
die seniores und aloarii den älteren Entwicklungsstufen des salischen
Rechtes angehören. Dies aber steht nicht nur nicht fest, sondern
läßt sich auch nicht wahrscheinlich machen. Im Gegenteil deutet
manches darauf hin, daß beide Institute jüngeren Datums sind. In
dieser Beziehung ist oben schon auf die Entwicklung der Bestrafung
in Lex Sah 48 hingewiesen worden. Dazu kommt, daß tit. 102
nach der herrschenden Auffassung zu den jüngeren Zusätzen der
Lex Salica gehört und wohl gerade mit den Änderungen in tit. 48
in Zusammenhang steht. Die Gartae Senonicae aber gehören erst
dem späten 8. Jahrhundert an1. Die immerhin nicht ausgeschlos-
sene Möglichkeit, daß sich in diesen jüngeren Quellen ältestes
Recht erhalten habe, ist so entfernt, daß sie füglich nicht zur Basis
für die Feststellung von Verwandtschafts Verhältnissen dienen kann2.
Kann so ein Zusammenhang zwischen seniores und aloarii
einerseits und dem vitni andererseits nicht bewiesen werden, so
scheidet die Frage, wie jene Institute, deren Ähnlichkeit mit dem
vitni immerhin feststeht, in das salische Recht gelangt sind, hier
aus. Ob etwa, wie Go sack3 annimmt, eine Beziehung zwischen
den conlaudanles der senonischen Formeln und den laudatores
des langobardischen Rechts besteht, muß dahingestellt bleiben;
in der Form, in der die laudatores in den langobardischen Quellen
auftreten, sind sie jedenfalls von den conlaudantes reichlich ver-
schieden. Noch weniger dürfte eine nicht in das Gebiet derPhantasie
übergreifende Untersuchung mit dem Gedanken spielen, in den
laudatores die Brücke zwischen salischem und skandinavischem
Recht zu sehen.
Weit klarer als der Ursprung des Eides mit vitni ist seine Weiter-
bildung und seine Umbildung.
1 Brunner RG. I2 582f.
2 Eine Frage für sich ist es, ob nicht etwa die ausgedehnte Verwendung
des Zeugenbeweises im salischen Recht (vgl. Brunner RG. II 395; Fr.
Beyerle, Das Entwicklungsproblem im germanischen Rechtsgang I (1915)
424 ff.) als Spur einer Entwicklung gedeutet werden kann, wie sie oben für das
schwedische Recht geschildert ist.
3 a. a. O.