Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten. 35
gesagt, so Anno 1524 kommen sollte, das doch nicht geschach;
sondern das folgende 25. Jahr stunden die Bauren auf, und
wurden aufrührerisch. Davon sagte kein Astrologus nicht ein
Wort.“ Er redete aher vom Bürgermeister Hohndorf: „derselbe
ließ ihm ein Viertel Bier in sein Haus hinauf ziehen, wollte da
warten auf die Sindfluth, gleich als würde er nicht zu trinken
haben, wenn sie käme. Aber zur Zeit des Zorns war ein Conjunctio,
die hieß Sünde und Gottes Zorn, das war ein ander Conjunction,
denn die irn 24. Jahre.“ Zur Zeit der Sündflutpanik selbst war er
daher nicht geneigt, an eine astrologisch bedingte Sündflut zu
glauben, wohl aber meinte er doch, daß das Zusammentreffen der
vielen Gestirne das Eintreten des jüngsten Tages bedeuten könnte,
und wenn Luther auch nie die Sternkunde als Wissenschaft hat
gelten lassen, so richtete sich sein Widerstand grundsätzlich eben
gegen das intellektuelle, nicht so sehr eigentlich gegen das mystische
Element der Astrologie (vgl. Tischreden, Erl. Ausg., a.a.O. S.320):
,,.... Denn die Heiden waren nicht so närrisch, daß sie sich vor
Sonn und Monden gefurcht hätten, sondern für den Wunder-
zeichen und ungeheuren Gesichten, Portenten und Monstris, dafür
furchten sie sich, und ehreten sie. Zudem, so ist Astrologia keine
Kunst62, denn sie hat keine principia und demonstrationes, darauf
man gewiß, unwankend fußen und gründen könnte63.“
Die Furcht vor den wahrsagenden Naturwundern am Himmel
und auf Erden, die ganz Europa teilte, wurde durch die Tages-
presse in ihren Dienst genommen: War schon durch den Druck
mit beweglichen Lettern der gelehrte Gedanke aviatisch ge-
worden, so gewann jetzt durch die Bilderdruckkunst auch die
bildliche Vorstellung, deren Sprache noch dazu international ver-
ständlich war, Schwingen und zwischen Norden und Süden jagten
nun diese aufregenden ominösen Sturmvögel hin und her, während
jede Partei versuchte, diese „Schlagbilder“ (wie man sagen könnte)
der kosmologischen Sensation in den Dienst ihrer Sache zu stellen.
62 Wir würden sagen: „keine sichere Technik“. Dazu vgl. Widmann,
Georg Rudolff, Warhafftige Historien . . So D. Johannes Faustus . . hat
getrieben, Hamburg 1599: Streit zwischen Henr. Möller und. Joh. Gartz
(Garcaeus), ob Astrologie eine Ars oder nur Scientia sei, gewisse Kunst oder
bloße Wissenschaft; Melanchthon dazu: sive Astrologia sit ars sive scientia;
est certe pulchra Phantasia. I. Cap. 28, S. 222 f.
63 Vgl. Beil. B. I und V. Man muß diese Äußerung im Gedächtnis behalten,
wenn man Luthers Verhältnis zu den kosmischen Wundern richtig verstehen
will.
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gesagt, so Anno 1524 kommen sollte, das doch nicht geschach;
sondern das folgende 25. Jahr stunden die Bauren auf, und
wurden aufrührerisch. Davon sagte kein Astrologus nicht ein
Wort.“ Er redete aher vom Bürgermeister Hohndorf: „derselbe
ließ ihm ein Viertel Bier in sein Haus hinauf ziehen, wollte da
warten auf die Sindfluth, gleich als würde er nicht zu trinken
haben, wenn sie käme. Aber zur Zeit des Zorns war ein Conjunctio,
die hieß Sünde und Gottes Zorn, das war ein ander Conjunction,
denn die irn 24. Jahre.“ Zur Zeit der Sündflutpanik selbst war er
daher nicht geneigt, an eine astrologisch bedingte Sündflut zu
glauben, wohl aber meinte er doch, daß das Zusammentreffen der
vielen Gestirne das Eintreten des jüngsten Tages bedeuten könnte,
und wenn Luther auch nie die Sternkunde als Wissenschaft hat
gelten lassen, so richtete sich sein Widerstand grundsätzlich eben
gegen das intellektuelle, nicht so sehr eigentlich gegen das mystische
Element der Astrologie (vgl. Tischreden, Erl. Ausg., a.a.O. S.320):
,,.... Denn die Heiden waren nicht so närrisch, daß sie sich vor
Sonn und Monden gefurcht hätten, sondern für den Wunder-
zeichen und ungeheuren Gesichten, Portenten und Monstris, dafür
furchten sie sich, und ehreten sie. Zudem, so ist Astrologia keine
Kunst62, denn sie hat keine principia und demonstrationes, darauf
man gewiß, unwankend fußen und gründen könnte63.“
Die Furcht vor den wahrsagenden Naturwundern am Himmel
und auf Erden, die ganz Europa teilte, wurde durch die Tages-
presse in ihren Dienst genommen: War schon durch den Druck
mit beweglichen Lettern der gelehrte Gedanke aviatisch ge-
worden, so gewann jetzt durch die Bilderdruckkunst auch die
bildliche Vorstellung, deren Sprache noch dazu international ver-
ständlich war, Schwingen und zwischen Norden und Süden jagten
nun diese aufregenden ominösen Sturmvögel hin und her, während
jede Partei versuchte, diese „Schlagbilder“ (wie man sagen könnte)
der kosmologischen Sensation in den Dienst ihrer Sache zu stellen.
62 Wir würden sagen: „keine sichere Technik“. Dazu vgl. Widmann,
Georg Rudolff, Warhafftige Historien . . So D. Johannes Faustus . . hat
getrieben, Hamburg 1599: Streit zwischen Henr. Möller und. Joh. Gartz
(Garcaeus), ob Astrologie eine Ars oder nur Scientia sei, gewisse Kunst oder
bloße Wissenschaft; Melanchthon dazu: sive Astrologia sit ars sive scientia;
est certe pulchra Phantasia. I. Cap. 28, S. 222 f.
63 Vgl. Beil. B. I und V. Man muß diese Äußerung im Gedächtnis behalten,
wenn man Luthers Verhältnis zu den kosmischen Wundern richtig verstehen
will.
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