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Warburg, Aby Moritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 26. Abhandlung): Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37732#0004
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I. Reformation, Magie und Astrologie.
Es ist ein altes Buch zu blättern:
Vom Harz bis Hellas immer Vettern.
Faust II.
Dem fehlenden Handbuch „Von der Unfreiheit des aber-
gläubigen modernen Menschen“ müßte eine gleichfalls noch un-
geschriebene wissenschaftliche Untersuchung vorausgehen über:
„Die Renaissance der dämonischen Antike im Zeitalter der deut-
schen Reformation“. Als ganz vorläufiger Beitrag zu diesen Fragen
sollte ein Vortrag dienen, den der Verfasser in der Religionswissen-
schaftlichen Vereinigung in Berlin über „Heidnisch-antike Weis-
sagung zu Luthers Zeiten in Wort und Bild“ gehalten hat1. Dieser
Vortrag liegt dem vorliegenden Versuch zugrunde. Die dabei unter-
suchten Bilder gehören im weitesten Sinne wohl zum Beobachtungs-
gebiet der Kunstgeschichte (soweit nämlich alles Bildschaffen in
ihr Studiengebiet einbegriffen ist), aber sie entstammen (bis auf
das Bildnis Carions2, Taf. V) dem Kreise der Buchkunst oder der
druckenden Kunst und sind deshalb ohne das zugehörige Wort
— es mag nun dabeistehen oder nicht — für die rein formale
Betrachtung der heutigen Kunsthistorie um so weniger ein nahe-
liegendes Objekt, als sie neben ihrer seltsamen inhaltlich illustra-
tiven Gebundenheit ästhetisch nicht anziehend sind. Aus dem
Kuriosum den geistesgeschichtlichen Erkenntniswert herauszuholen,
liegt aber Religionswissenschaftlern von vornherein näher als den
Kunsthistorikern. Und doch gehört die Einbeziehung dieser Gebilde
aus der halbdunklen Region geistespolitischer Tendenzliteratur in
gründliche historische Betrachtung zu den eigentlichen Aufgaben
der Kunstgeschichte; denn eine der Hauptfragen der stilerforschen-
den Kulturwissenschaft — die Frage nach dem Einfluß der Antike
auf die europäische Gesamtkultur der Renaissancezeit — kann nur
so in ihrem ganzen Umfange begriffen und zu beantworten ver-
sucht werden. Erst wenn wir uns entschließen, die Gestalten der
heidnischen Götterwelt, wie sie in der Frührenaissance im Norden
1 Vgl. Prof. Paul Hildebrandt in der Voss. Ztg. 306 vom 18. Juni 1918.
2 Siehe unten S. 66 Anm. 126.
 
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