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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0008
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Gustav Ehrismann:

Auf die Ausarbeitung der fünf Prologe im Alexander
zu Buch I, II, III, IV, VI (June, Beitr. 29, 413ff.) hat Rudolf
außerordentliche Sorgfalt verwendet. Es sind Kunstwerke in
Inhalt und Form. Geflissentlich hat er sich Gotfrid zum Vorbild
genommen. Im Prolog zum ersten Buch folgt er ihm in der Strophen-
und Reimbildung und in der Anwendung des Akrostichons, im
Prolog zum zweiten in der Nachahmung des Dichterkatalogs, im
dritten und vierten wieder in der Häufung gleicher bezw. stamm-
verwandter Reimwörter, im Prolog zum sechsten Buch in der
Zitierung von Gotfrids Strophe vom gläsernen Glück.
Inhaltlich bilden die fünf Proemien ein nach einem einheit-
lichen Plan angeordnetes System, in dem die Hauptpunkte der
Rhetorik zur Sprache gelangen. Die Grundzüge dieses Systems
sollen im folgenden dargelegt werden.
Prolog zum ersten Buch1 1 — 106. — I. 1—28 Ursprung
der Dichtung, das künstlerische Schaffen: die von Gott ver-
liehene sselde, Got, sin, (Schlagwörter): Gott verleiht die künst-
lerische Begabung (sin), durch welche der Dichter die sselde
erringen kann 1—4. Kunst, die nicht von sselde begleitet ist, wird
nicht beachtet, sie gerät in Mißachtung, wirt aernihtetb—S. Grund-
bedingung für den Künstler zum künstlerischen Schaffen ist das
von Gott gewährte Glück (geliicke, sselde) 9—12. Die sselde hat die
Leitung, Führung der Kunst; welcher Dichter nicht sselde hat, der
kann sie auch nicht erzwingen 13 — 16. Es ist eine häufig zu machende
Erfahrung, daß dem Künstler keine sselde zuteil wird 17—20.
Ein gutes Gedicht findet (dagegen) immer den rechten Weg, so
wie die sselde und das Glück eingreift 21—26. Wenn sselde der
Kunst (dem Künstler) besondere Kraft verleiht, so gelangt das
dichterische Vermögen (sin) zu höchster Vollendung 25—28. —
II. 29—40. Die Aufgabe des Dichters (dar üf arbeiten) bezw.
Zweck seines Schaffens, subjektiv (Zweck für den Verfasser), und
pris, Ion dafür, das ist durch Gottes Beistand sselde und die gunst
(das Wohlwollen, die Anerkennung) der edelen herzen erringen. —
III. 41—61 Grundgedanke des Werkes (der äventiure), dar-
getan an dem Helden: den Ruhm, die Wertschätzung der Welt
(der weite pris, der weite werdekeit) erwerben. — IV. 62 — 90 Wesen
der Poesie: Darstellung der wärheit; darum hat der Dichter
allen Eifer darauf verwendet (sich vlizen 67), die rechte literarische

1 Junk a. a. O., S. 439ff.
 
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