16
Gustav Ehrismann:
Zentralwerte für das Standesbewnßtsein der mittelalterlichen Ari-
stokratie und Hartmann stellt ihre Erwerbung zusammen an den
Eingang und an den Schluß des Iwein als sittlichen Gedanken
dieses Werkes. Wie sselde, die Glückseligkeit im allgemeinen, so
ist auch ere, ein besonderer Teil der in der sselde begriffenen Werte,
eine Triebkraft für den Dichter. Daß Ehre und Ruhm die Kunst
fördern, ist antike Erkenntnis und Giceros Satz der Tusculanen
I, 4 honos alit artes et accenduntur omnes ad studia gloria war im
Mittelalter bekannt, denn Servatus Lupus zitiert ihn in einem
Briefe als praeclarum dictum1 und die weltliche Morallehre erklärt
Ruhm, gloria, als Verherrlichung von Großtaten oder von rechter
Kunst. Nach Ruhm ist deßhalb das menschliche Streben gerichtet1 2,
also auch das künstlerische Streben.
Erfolg bei den Hörern, sselde, ist in der klassischen Rhetorik
das notwendigste Erfordernis. Die Rede der Sophisten war haupt-
sächlich auf das Wohlgefallen der Hörer berechnet (Platos Gorgias,
bes. Kap. 18ff. u. 58). Aber auch die Staats- oder Gerichtsreden
wurden ja nur zu dem Zweck gehalten um die Hörer von einer
politischen Maßnahme zu überzeugen oder um Richter und Pu-
blikum für die Sache des Klienten günstig zu stimmen. Darum wird
dieser Punkt in den rhetorischen Schriften auch ganz besonders
betont, z. B.: Cicero, De oratore II, 42—44 Valet igitur multum
ad vincendum . . . animos, apud quos agetur, conciliari quam
maxime benevolentiam quum erga oratorem tum erga illum, pro
quo dicet orator 182; vgl. auch 1 31. II 19. III 27. Quintilian
X, 7, 17 spricht vom Wunsch der Beredsamkeit, zu gefallen und
augenblicklichen Ruhm und Anerkennung zu erlangen.
Ebenso ist es Zweck des religiösen Vortrags und der Predigt,
die Herzen der Hörer zu gewinnen, z. B.: Augustinus De catechi-
zandis rudibus Kap. II. X. XI u. ö., De doctrina Christ. IV, 4;
Hrabanus Maurus, De clericorum institutione III, 37: Hoc quoque
nosse convenit unumquemque catholicum doctorem, quomodo sibi
conciliet sui sermonis auditorem, ut fructus.inveniat suae
praedicationis et laudes (Migne 107, 413); Alanus: praedicatio
elaborata ad favorem hominum . . (Migne 210, T12CD. 113D). —
Beifall in die Poetik übertragen bei Horaz, Ars poetica 153 ff. 189 ff.
Aus dem Tristan hat Rudolf den Ausdruck edelez herze über-
nommen, aber bloß als literarische Phrase, als allgemeine Bezeich-
1 Norden S. 702.
2 Moralis philos., Migne 171, 1050.
Gustav Ehrismann:
Zentralwerte für das Standesbewnßtsein der mittelalterlichen Ari-
stokratie und Hartmann stellt ihre Erwerbung zusammen an den
Eingang und an den Schluß des Iwein als sittlichen Gedanken
dieses Werkes. Wie sselde, die Glückseligkeit im allgemeinen, so
ist auch ere, ein besonderer Teil der in der sselde begriffenen Werte,
eine Triebkraft für den Dichter. Daß Ehre und Ruhm die Kunst
fördern, ist antike Erkenntnis und Giceros Satz der Tusculanen
I, 4 honos alit artes et accenduntur omnes ad studia gloria war im
Mittelalter bekannt, denn Servatus Lupus zitiert ihn in einem
Briefe als praeclarum dictum1 und die weltliche Morallehre erklärt
Ruhm, gloria, als Verherrlichung von Großtaten oder von rechter
Kunst. Nach Ruhm ist deßhalb das menschliche Streben gerichtet1 2,
also auch das künstlerische Streben.
Erfolg bei den Hörern, sselde, ist in der klassischen Rhetorik
das notwendigste Erfordernis. Die Rede der Sophisten war haupt-
sächlich auf das Wohlgefallen der Hörer berechnet (Platos Gorgias,
bes. Kap. 18ff. u. 58). Aber auch die Staats- oder Gerichtsreden
wurden ja nur zu dem Zweck gehalten um die Hörer von einer
politischen Maßnahme zu überzeugen oder um Richter und Pu-
blikum für die Sache des Klienten günstig zu stimmen. Darum wird
dieser Punkt in den rhetorischen Schriften auch ganz besonders
betont, z. B.: Cicero, De oratore II, 42—44 Valet igitur multum
ad vincendum . . . animos, apud quos agetur, conciliari quam
maxime benevolentiam quum erga oratorem tum erga illum, pro
quo dicet orator 182; vgl. auch 1 31. II 19. III 27. Quintilian
X, 7, 17 spricht vom Wunsch der Beredsamkeit, zu gefallen und
augenblicklichen Ruhm und Anerkennung zu erlangen.
Ebenso ist es Zweck des religiösen Vortrags und der Predigt,
die Herzen der Hörer zu gewinnen, z. B.: Augustinus De catechi-
zandis rudibus Kap. II. X. XI u. ö., De doctrina Christ. IV, 4;
Hrabanus Maurus, De clericorum institutione III, 37: Hoc quoque
nosse convenit unumquemque catholicum doctorem, quomodo sibi
conciliet sui sermonis auditorem, ut fructus.inveniat suae
praedicationis et laudes (Migne 107, 413); Alanus: praedicatio
elaborata ad favorem hominum . . (Migne 210, T12CD. 113D). —
Beifall in die Poetik übertragen bei Horaz, Ars poetica 153 ff. 189 ff.
Aus dem Tristan hat Rudolf den Ausdruck edelez herze über-
nommen, aber bloß als literarische Phrase, als allgemeine Bezeich-
1 Norden S. 702.
2 Moralis philos., Migne 171, 1050.