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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0097
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Studien über Rudolf von Ems.

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Rudolf und der schwäbische Dichterkreis1.
In keinem seiner Gedichte bringt Rudolf so viele persönliche
Beziehungen vor als im Willehalm2. Sie weisen ausgesprochen
nach Schwaben. Schwäbischen Adelsherren bringt er seine Hul-
digung dar. Den Überbringer der Vorlage, des französischen
Romans, Johannes von Ravensburg, ehrt er durch das Akro-
stichon der Anfangsverse (1 — 15) und durch einige Zeilen inner-
halb des ersten Prologs (85 — 88), zum Schluß noch einmal beson-
ders durch die auszeichnenden Worte im Epilog (15601 — 15627).
Um Konrads von Winterstetten willen hat er das Gedicht verfaßt,
ihm setzt er ein rühmendes Denkmal im zweiten Prolog (2301 bis
2331) und im Epilog (15643 — 15665). Die werden liute, um deren
gunst er sich so eifrig bemüht, sind jene ritterlichen Familien, deren
Mittelpunkt der einflußreiche Schenk von W interstetten war, vgl.
bes. 15643ff. und 15666ff. In einer Totenklage verherrlicht er
den schwäbischen Grafen Konrad von Öttingen (2084—2094).
Unter den neueren Dichtern spricht er die Meisterschaft Ulrich
von Türheim zu (2256—2272. 4390—4398), den Schwaben Gotfrid
von Hohenlohe, den er im Alexander nicht nennt, führt er in das
Dichterverzeichnis des Willehalm ein (2234 — 2242); bei Absolon,
dem er im Alexander 3249—3251 nur eine allgemeine Anerkennung
zollt, gibt er jetzt auch den Inhalt seines W,rerkes an, das zu Ehren
des schwäbischen Kaisers Friedrich gedichtet war (2209 — 2214).
Die Vertreter des schwäbischen Dichterkreises sind für uns,
da uns die andern verloren sind, Ulrich von Türheim und die Lyriker
Gotfrid von Neifen und Burkhard von Hohenfels, zu denen man
auch noch Ulrich von Winterstetten fügen darf.
Mit dem WGllehalm ist Rudolf auch der künstlerischen Auf-
fassung der schwäbischen Hofkreise nahe getreten. Hier wurde
nicht jener gezierte Stil verlangt, durch den Rudolf im g. Gerhard
und Barlaam seinen Meister Gotfrid noch zu überbieten gesucht
hatte. Das können wir aus den Dichtungen Ulrichs von Türheim
1 Vgl. Busse S. 1—42.
2 Seine beiden ersten Werke hat Rudolf in seiner Heimatsgegend ab-
gefaßt, denn Rudolf von Steinach, der Veranlasser des g. Gerhard (6823 bis
6841) und der Abt von Kappel, der den lateinischen Barlaam nach Deutsch-
land brachte und des Dichters Absicht, ihn zu übersetzen, billigte (5,4—-7.
402. 37—4 03,14), gehörten der Ost-Schweiz an. Dann wurde er befreundet
mit der schwäbischen Aristokratie und verfaßte in dieser Umgebung den Wille-
halm. Durch diese Kreise kam er in Beziehungen zu dem schwäbischen Kaiser-
hause und dichtete für Konrad IV den Torso der Weltchronik.

Ehrismann, Studien über Rudolf von Ems.
 
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