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Gustav Ehrismann:
Stimmung vertreiben (21697—21710), kann also swsere' stunde
senjter machen (a. Heinr. 10f., vgl. auch Gotfr. Tristan 45ff.).
Solche kurzewlle1 kann also zur Tröstung, zur seelischen Erhebung,
zur Erbauung dienen: sie kann auch in geistigem Vergnügen be-
stehen wie im Bibellesen, Weltchr. 15486, Gott mit Lobgesang
preisen 308491 2.
Seine persönliche Welt- und Lebensanschauung läßt Rudolf
am stärksten im g. Gerhard hervortreten. Er geht aus von der
Lehre: man soll sich seiner guten Taten nicht rühmen. Diesen
Satz stellt er an den Anfang und an den Schluß des Gedichtes
(37 — 76 bezw. 6881—6909, daz man daz rüemen läze sin 6883).
Die symbolische Form, in welche diese ethische Forderung ge-
kleidet ist, hat als Grundlinie die Gegenüberstellung der beiden
Träger des der Erzählung innehaftenden sittlichen Gehaltes: im
Kaiser ist versinnbildlicht die Hoffart (denn das sich rüemen ist
Selbstgefälligkeit, vana gloria, und gehört in das Sündengebiet
der Superbia); der Kaufmann als Gegensatzcharakter vertritt die
diesem Laster gegenüberstehende Tugend, die Demut (verrüemt er
sich, dem geschiht als dem heiser geschach dö er ze höhe sich versprach
und des koufmannes güete mit richer demüete sine guottcit überwant
6892-6896).
Der Moralsatz, du sollst dich deiner guten Taten nicht rühmen,
ist aber der Ausgangspunkt für das umfassendere ethische Problem:
Was ist gut? Damit ist im ,,guten Gerhard“ der Typus des
sittlich guten Menschen dargestellt. An drei Stellen besonders
hat der Dichter seine Ansicht über das Gutsein niedergelegt: bei
der Ankündigung des Helden 555—626, bei seiner Charakteri-
sierung 765—832, am Eingang der eigentlichen Erzählung 910 bis
1125 [wie kam daz, von welher art, daz du der guote Gerhcirt wurde
zaller erst genant? 911—913, er ist von rehte guot genant 823. 6659).
Eine systematische Darlegung des sittlich Guten entwickelt er
nicht, er hat nur allgemeine Bezeichnungen dafür: guot, güete
(oft), reines Herz (er, Gott, suochet reines herzen muot 544, wan ie
mit reinem muote sin reinez herze erfüllet was 800f., allez sin gemüete
lebt in reiner güete 823 f., des herze ie rehter güete phlac 817), reine
Gesinnung [reiner muot 800. 6661), tugentrich gemüete 6663, er ist
ohne Makel 598 f. 774. 819, treu und zuverlässig 600. 777. 803 f.,
1 Über Kurzweil s. D. Wb. 5, 2856—2862.
2 In diesem Sinne gebraucht Rudolf kurzewlle wohl auch an der Stelle,
wo er von Wolframs Werken spricht, Al. 3138.
Gustav Ehrismann:
Stimmung vertreiben (21697—21710), kann also swsere' stunde
senjter machen (a. Heinr. 10f., vgl. auch Gotfr. Tristan 45ff.).
Solche kurzewlle1 kann also zur Tröstung, zur seelischen Erhebung,
zur Erbauung dienen: sie kann auch in geistigem Vergnügen be-
stehen wie im Bibellesen, Weltchr. 15486, Gott mit Lobgesang
preisen 308491 2.
Seine persönliche Welt- und Lebensanschauung läßt Rudolf
am stärksten im g. Gerhard hervortreten. Er geht aus von der
Lehre: man soll sich seiner guten Taten nicht rühmen. Diesen
Satz stellt er an den Anfang und an den Schluß des Gedichtes
(37 — 76 bezw. 6881—6909, daz man daz rüemen läze sin 6883).
Die symbolische Form, in welche diese ethische Forderung ge-
kleidet ist, hat als Grundlinie die Gegenüberstellung der beiden
Träger des der Erzählung innehaftenden sittlichen Gehaltes: im
Kaiser ist versinnbildlicht die Hoffart (denn das sich rüemen ist
Selbstgefälligkeit, vana gloria, und gehört in das Sündengebiet
der Superbia); der Kaufmann als Gegensatzcharakter vertritt die
diesem Laster gegenüberstehende Tugend, die Demut (verrüemt er
sich, dem geschiht als dem heiser geschach dö er ze höhe sich versprach
und des koufmannes güete mit richer demüete sine guottcit überwant
6892-6896).
Der Moralsatz, du sollst dich deiner guten Taten nicht rühmen,
ist aber der Ausgangspunkt für das umfassendere ethische Problem:
Was ist gut? Damit ist im ,,guten Gerhard“ der Typus des
sittlich guten Menschen dargestellt. An drei Stellen besonders
hat der Dichter seine Ansicht über das Gutsein niedergelegt: bei
der Ankündigung des Helden 555—626, bei seiner Charakteri-
sierung 765—832, am Eingang der eigentlichen Erzählung 910 bis
1125 [wie kam daz, von welher art, daz du der guote Gerhcirt wurde
zaller erst genant? 911—913, er ist von rehte guot genant 823. 6659).
Eine systematische Darlegung des sittlich Guten entwickelt er
nicht, er hat nur allgemeine Bezeichnungen dafür: guot, güete
(oft), reines Herz (er, Gott, suochet reines herzen muot 544, wan ie
mit reinem muote sin reinez herze erfüllet was 800f., allez sin gemüete
lebt in reiner güete 823 f., des herze ie rehter güete phlac 817), reine
Gesinnung [reiner muot 800. 6661), tugentrich gemüete 6663, er ist
ohne Makel 598 f. 774. 819, treu und zuverlässig 600. 777. 803 f.,
1 Über Kurzweil s. D. Wb. 5, 2856—2862.
2 In diesem Sinne gebraucht Rudolf kurzewlle wohl auch an der Stelle,
wo er von Wolframs Werken spricht, Al. 3138.