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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0003
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In allen antiken Religionen lebt der Drang, Gottes Dasein
auf Erden mit allen leiblichen naturgegebenen Sinnen zu erfassen;
das Auge will Gottes Bild schauen, das Ohr seine Stimme in sinn-
lichem Klang und Wort vernehmen. Und wie aus dem antiken
Gesamtbewußtsein einer noch nicht in die Zweiheit von Seele und
Körper, Geist und Stoff zerspaltenen Wirklichkeit Gott und Erde
als eines angeschaut und erlebt werden, wie, um es mit einem
bekannten Worte Platos1 auszudrücken, „sterbliche und unsterb-
liche Wesen fassend und von ihnen erfüllt dieses Weltall ist,
sichtbares Wesen das sichtbare umfassend, Bildnis des Geistigen,
Gott sinnlich wahrnehmbar, das Größte und Beste, das Schönste
und Vollkommenste, dieser eine Himmel, einzig im Sein“1, so
erlebt auch die fromme Betrachtung überall auf dieser Erde
sinnenfähige Zeichen und Wunder des göttlichen Lebens. Ein-
mal ■ erlebt und geformt, wandern und wandeln die göttlich-
irdischen Symbole solcher Betrachtung durch die Religionen,
bald zu festen, deutlichen Bildern erstarrt, bald neu belebt, hier
zur Sinnlosigkeit entstellt, dort mit neuem Sinn und neuen Sinnen
erfüllt; und auch in den Religionen, in denen die Natur in lauterer
Vergeistigung fast aufgehoben erscheint, bleiben diese Bilder als
bedeutsame Zeichen der ursprünglichen Naturgebundenheit aller
Religiosität, als letzter Durchbruch der leiblichen Welt durch alle
V ergeistigungen.
Die religiösen Symbole, unter denen Gottes Dasein und Wesen
menschlichem Auge und Ohr offenbar werden, sind in der religions-
geschichtlichen Forschung oft beachtet und dargelegt worden;
seltener dagegen diejenigen, in denen das noch nicht zu Bild und
Wort verdichtete göttliche Leben von den empfindungshafteren
Sinnen, vor allem dem Geruch, gleichsam in seinem Atmen selbst
erlebt wird. Und doch reden die Zeugnisse früher und später
Zeit, von den ältesten ägyptischen Gebeten bis zu den jüngsten
katholischen Heiligengeschichten nicht minder deutlich davon, daß
man am Duft Leben und Nähe der Gottheit gespürt hat. Diese
1 Tim. 44 fin. (p. 92 B).

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