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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0038
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38

Ernst Lohmeyer:

Verhältnismäßig selten begegnet es in der apologetischen
Literatur des 2. Jahrhunderts1. Athenagoras schreibt einmal in
seiner Apologie (13):
ό τοΰδε του παντός δημιουργός καί πατήρ ού δεΐται αίματος ούδέ
τής από των ανθών καί θυμιαμάτων εύωδίας, αυτός ών ή τελεία εύωδία
άνενδεής καί άπροσδεής.
Ähnlich schreibt Irenaeus (adv. Haer. IV, c. 14, §3): Ipse
[deus] quidem nullius horum est indigens; est enim semper plenus
omnibus bonis, omnemque odorem suavitatis et omnes suave-
olentium vaporationes habens in se.
Aber hier ist das Symbol des Wohlgeruchs mehr ein kühnes
Bild, das fremde Opfergebräuche an die Hand gaben, als der
Ausdruck einer seelischen Empfindung von Gottes Nähe.
Lebendiger ist dagegen bezeichnender Weise das Bild in der
Gnosis gewesen; denn aus dem elementaren Drange heraus, die
metaphysischen Gegensätze von Geist und Stoff zu einer Einheit
zu zwingen, nehmen hier die spekulativen Ideen selbst irdische
Stofflichkeit an, verleiblicht sich die Welt metaphysischer Ge-
danken zu einer Welt körperlicher Gestalten. So kann auch von
dem Duft der göttlichen Wesen als einer Auswirkung ihrer Leib-
lichkeit im griechischen, wenn auch vergeistigten Sinne gesprochen
werden.
In den gnostischen Thomas-Akten ist ein Hochzeitslied auf
eine weibliche Göttergestalt erhalten. Dort heißt es (c. 6):
Das Mädchen ist des Lichtes Tochter

In strahlender Schöne erglänzt sie.
Ihre Gewänder gleichen Frühlingsblumen,
Lieblicher Wohlgeruch entströmt ihnen2.
Diese Schilderung weist unmittelbar zurück auf den homeri-
schen Demeter-Hymnus3; hier ist die alte griechische Vorstellung4
1 Vgl. zum folgenden: Harnack, a. a. 0.; Weinel, die Wirkungen
des Geistes und der Geister, S. 196ff.; Nestle. Zeitschrift für neutestament-
liche Wissenschaft IV (1903) S, 272.
2 Übersetzung nach R. Raabe in Hennecke, Neutestamentliche
Apokryphen 482.
3 Vielleicht enthalten auch die Frühlingsblumen einen Anklang aus dem
mit der Gestalt der Demeter verknüpften griechischen Frühlingsmythus.
4 Bousset, a. a. O. S. 68 nimmt orientalischen Ursprung an; doch scheint
mir hier die griechische Herkunft e\*ident. Vgl. auch unten S. 40 Anm. 2.
 
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