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Brie, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 3. Abhandlung): Exotismus der Sinne: eine Studie zur Psychologie der Romantik — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37770#0074
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Friedrich Brie:

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von sapphischer Liebe und von unkeuscher, unfruchtbarer Be-
gierde umgeben ist, daß sie nur eine Gottheit, Priapus, verehrt,
daß ihre Lust auch nicht durch Blut gelöscht werden kann, wenn
um sie herum der Zirkus tobt. Ganz ähnlich wird die wilde
Leidenschaft, die nach Swinburne das Altertum auszeichnete,
aber von der Neuzeit verleugnet wird, in Dolores unter dem Bilde
der selbsterfundenen mythologischen Gestalt gleichen Namens
verherrlicht. Der Dichter betont, wie Dolores, die Verkörperung
der rein sinnlichen, unfruchtbaren, unersättlichen, grausamen,
aber unsterblichen Begierde, deren Küsse im Gegensatz zu denen
der Liebe weder das Herz noch das Hirn verletzen, deren Aus-
erwähxte von Geburt an das Zeichen der Perversität tragen, nur
in der Antike erwachsen konnte:
We shift and bedeck and bedrape us,
Thon art noble and nude and alntiqne;
. • Libitina thy mother, Priapns
Thy father, a Tuscan and Greek.
Der Dichter fleht sie an, ihm einen Platz unter der Schar ihrer
Anhänger zu gewähren, da er von der Liebe der heutigen Zeit
nichts wissen will. Er sieht in ihr die Ursache all der schreck-
lich-schönen Erscheinungen im alten Bom, an denen schon die
französischen Exotisten sich zu begeistern pflegten: Einst starb
der Gladiator um deinetwillen, wurden deine Gärten mit leben-
digen Fackeln erleuchtet, war die Welt ein Boß für deinen Zügel,
lagen die Nationen ausgestreckt in deinen Vorhallen, stand von
den Flammen des brennenden Roms beleuchtet als Harfenspieler,
mit Rosen bekränzt, der grausam schöne Tyrann, den Tod in
seiner Hand. Mögen die Götter, welche die Menschheit um eines
aszetischen Glaubens willen verlassen hat, zurückkehren und
uns wieder von der Tugend befreien. Wir haben Unrecht daran
getan, den Kult des Priapus aufzugeben. Heute, wo Seele und
Körper geschieden sind, nehmen sich die schwachen Sünden,
die noch vorhanden sind, wie Tugenden aus neben den starken
Lastern aus den Tagen Catulls. Unser Leben und unsere Sehn-
sucht ist zweierlei. Niemand ehrt dich heute, wie einst deine
Anbeter in Lampsacus und in Aphaca bei Byblos dich mit Tempel-
prostitution ehrten. Der Kultus von Cotytto und Astarte ist
dahin. Wir Heutigen fürchten das Übermaß und preisen dich
nur mit zaghaftem Atem. Noch 1878 plant Swinburne eine
längere Dichtung, die Apollo, und nicht den ,,Galiläer“ verherr-
 
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