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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 7. Abhandlung): Rechtsbrauch und Kinderspiel: Untersuchungen zur deutschen Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37774#0021
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Rechtsbrauch und Kinderspiel.

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„gesetzliche Grenzstreiche“ wie es im Brandenburgischen hieß1.
Venn Knaben2 der leidende Gegenstand dieser Rechtssitte sind,
so ist sie nur Seitenstück zur Grenzohrfeige; wenn aber Erwach-
sene sich solche üble Behandlung gefallen lassen mußten, so
spielen wohl auch andere Gedanken mit. In Siebenbürgen wird
beim Grenzumgang dem Jüngsten aus der Bruderschaft auf dem
Hatterthaufen die Grenze eingebläut3. Darin steckt vielleicht außer
dem Denkzettel auch ein Scherz, ein Hänselbrauch, wie er mit
Neulingen4 bei den verschiedensten Gelegenheiten getrieben zu
werden pflegt. Die Trautenauer Chronik berichtet5: H. F. primas
in Trautnaw, hat disen grenitzstain selbst bekreftiget mit dem grenitz-
recht, wie vor alters und nach breuchlich ist, das er mit eigner ha.nd
hat diese drei personen von Trautnaw auf dem ersten grenitzstein mit
rutten gestrichen — zum grenitzgedechtnis der zeit. Hier scheint es
sich außerdem um die Ausübung eines Hoheitsrechts zu handeln,
wie auch bei den sechs Peitschenschlägen an die neuen Bürger in
Köpenik6. Alle zwei Jahre findet der Grenzbegang statt. Beim
letzten Hügel erhalten diejenigen, die innerhalb der letzten zwei
Jahre Bürger geworden sind, von dem Schulzen des Kietzes sechs
Schläge mit der Peitsche. Den ersten für den König, den zweiten
für den Magistrat, den dritten für die Stadtverordneten, den vierten
für die Bürgerschaft, den fünften für die Nachbarschaft, den sechsten
tut der Schulze für sich selbst.
d) Gesang finden wir mitunter als ein weiteres Mittel, um
die Aufmerksamkeit der Zeugen auf einen Rechtsvorgang hinzu-
lenken, ihr Gedächtnis zu schärfen und den ganzen Akt feierlicher
zu gestalten. Weltliche und geistliche7 Lieder sind dabei im Brauch.
1 In Eberswalde z. B. sollen auch Frauen nicht verschont worden sein.
Kück-Sohnrey, Feste und Spiele2, 110.
2 Grimm, Grenzaltertümer (KISchr. 2, 64). In einer englischen Kirchen-
rechnung von 1679 findet sich ein Posten von 4 Schillingen an Knaben, die
gescldagen worden waren um sich bestimmte Grenzen besser zu merken.
Reiciihardt, Deutsche Feste, 1908’, S. 146.
3 Fronius, Siebenbürgisches Bauernleben2, 226.
4 Vgl. etwa Harttung, Die Spiele der Deutschen in Bergen. Hansische
Geschichtsbl. 7 (1879), 89ff. Koppmann ebda. 140ff. Schweizld. 2, 1474f
u. a. m.
5 Jelinek, MhdWB. 332. Grimm, DWB. IV, 1, 6, Sp. 176.
6 Kühn, Märkische Sagen, 371. Darnach Grimm, Grenzaltertümer 64,
Mielke, Br an den b. VK. 131; vgl. ebd. 108.
7 Vom Wiesengang in Worms (vgl. oben S. 10) ist uns die ausführliche
Festordnung mit Angabe der einzelnen Lieder erhalten. Es wurden sogar eigene
„Wiesen-Büehelcher“ mit den Liedertexten gedruckt.
 
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