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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 7. Abhandlung): Rechtsbrauch und Kinderspiel: Untersuchungen zur deutschen Rechtsgeschichte und Volkskunde — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37774#0027
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Rechtsbrauch und Kinderspiel.

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nigen finden wir bei Grenzumgängen, bei Grundsteinlegungen oder
Einweihung von Neubauten, bei geschichtlichen Ereignissen, beim
Einzug eines Fürsten in die Stadt, bei der Kaiserkrönung, bei
Hochzeit1, Beerdigung2 usw.
Einige Beispiele mögen das Gesagte veranschaulichen.
Das Weistum des Fahr- und Yogtgedings der Herrlichkeit §37.
Odenkirchen am Geistenbeck vom 16. Jahrhundert schließt mit
folgender Bestimmung: ,,Von den hellem, so ein jede Fahrperson
alhie auff diessem gericht vnd geding verrichtet, wroegen die sarnbt-
liche Vogtleuthe, dass dieselbe von altershero den Nachbaren hinderen
am Geistenbeck aussgespendet worden, warbey sie diesser orth kommen
vnd was gehandlet wirdt, die Jugendt in gedechtnus halten“3.
1590 wurden beim Begehen der Burgfriedgrenzen von Am- §38.
stetten4 20 junge Bürgerssöhne mitgenommen, die bekamen jeder
zwei Kreuzer oder y2 Batzen zu einem Denkpfennig. 1595 sind es
40 junge Schüler und Bürgerssöhne aus der Schule. 1605 sind es
42 Schüler, die alle ettliche Kreuzer bekommen.
Die Bürgermeisterrechnung von König im Odenwald5 des
Jahres 1741 enthält einen Posten: bei abgehung des waydgangs ist
bei den grcintzsteinen der Jugend ausgeworfen 15 kr. Eine Burg-
friedbereitungsklippe des Marktes Fronleiten in Steiermark vom
Jahre 1719 ist bei Luschin abgebildet6. Derartige Gedenk-
pfennige trugen das Wappen der Stadt und den Namen des Stadt-
richters; sie wurden nicht nur unter die Jugend verteilt, sondern
auch unter die Grenzsteine gelegt.
In Nürnberg, dessen Rechenpfennigmacher7 in Deutschland §39.
und Frankreich, berühmt waren, und viel nach auswärts lieferten,
gabs immer wieder neue Anlässe für Auswurfmünzen. Ende des
4 Meyer, DYk. 174. Sieber, Volksbelustigungen, S. 67.
2 Das auf den Sarg gelegte Geldstück darf ein Kind aus der Verwandt-
schaft als Andenken wegnehmen. Württ. Jahrbücher, 1913, S. 347. Wenn
sich ein Kind im neuen Anzug dem Paten zeigt, bekommt es neue Pfennige
(Schwarzwald), Fehrle, Deutsche Feste, S. 59.
3 Archiv für Gesch. d. Niederrheins 6 (1868), 473.
4 Niederösterreich. ÖW. 9, 658f.
5 HessBIVk. 2 (1903), 41. den anbeiwesenten knaben zur gedächtnus
pfenning ausgeworfen. Ende 17. Jhd. Strnadt, Grenzbeschr., 761. alwo Herr
marktrichter das erste gelt unter die jugend ausgeworfen 1776, Steir. Gerichts-
beschr. (Mell-Pirchegger), S. 252. Eine englische Nachricht von 1679 bei
Reichhardt, Deutsche Feste, 1908, S. 146.
6 a. a. O. Anm. 105, 27.
7 Ebenda.
 
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