Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Studien zur Spätscholastik. I.

11

beginnen. Indessen wirkte von den großen Vertretern dieser Gene-
ration in den 60er Jahren nur noch Nikolaus von Oresme, der
Physiker, Mathematiker und Nationalökonom, in Paris — weitaus
der leuchtendste Stern unter den Doktoren der theologischen
Fakultät1. Gregor von Ri mini war als Generalprior des Augu-
stiner-Eremitenordens bereits 1358 gestorben2. Da Marsilius
von Inghen erst seit etwa 1366 Theologie studierte3, dürfen wir in
keinem Falle mehr ein unmittelbares Schülerverhältnis zu ihm an-
nehmen, so sehr dies dem Eindruck der späteren theologischen
Schrift unseres Philosophen entsprechen würde4. Wahrscheinlich
ist dagegen seine persönliche Bekanntschaft mit, Johannes Buri-
dan, von dem er als Logiker und Physiker so vieles übernommen
hat: er bezeichnet ihn gelegentlich und zwar mit Nachdruck (passio-
natus) als magister meus. Eine solche Annahme würde freilich ein
Pariser Studium des Marsilius vor 1362 voraussetzen; wenigstens
ist von Buridans Leben bisher als letztes Datum nur bekannt, daß
er 1358, hoch betagt, bei einem Abkommen zwischen der aleman-
nischen und der pikardischen Nation, der er selber angehörte, als
Fakultätsvertreter mitgewirkt hat, und das spätere Schweigen der
Akten läßt vermuten, daß er in den nächsten Jahren gestorben ist5.
Noch wahrscheinlicher ist eine nahe Berührung des Marsilius mit
seinem Landsmann Albert von Helmstedt. Zwar bricht dessen
1 Noch 1375 beteiligt an dem berühmten Prozeß gegen die t'rz. Über-
setzung des Mars. v. Padua u. Joh. v. Jandun. Chart. III, p. 223. — 1372
prüfte er u. a. als Deputierter der theologischen Fakultät die von M. v. I.
verfochtene Beschwerde der naiio Anglicana wegen Zurücksetzung und kam
mit den andern theolog. Deputierten zu einem für die Deutschen günstigen
Resultat. Dieses Zusammentreffen mit M. v. T. ist nicht ohne Interesse.
Chart. III, p. 203 — 5.
2 Denifle Chart. 11,1, p. 557 N. u. III p. 70 N.
3 Chart. III, nr. 1356, p. 188; 1369, Mai 29: s. theologiae a tribus jere
annis citra scolaris fuit.
4 S. darüber d. Betrachtung der Theologie im II. Teil. — lib. sent. I,
qu. 2, art. 3 Bl. 13a, sp. 1 wird Gregorius genannt: frater magister noster.
5 Chart. III, p. 58; Bulaeus IV 348; Auct. I, 235. — Die Fabel von der
gemeinsamen Flucht Buridans und des M. v. I. aus Paris und von Buridans
Mitwirkung bei der Gründung der Wiener Universität ist durch Chart. 11,1,
p. 646, nr. 29 erledigt. Sie galt bisher als Erfindung Aventins (Annal. duc.
Boi., opera ed. Riezler II, 474 u. 200). Ich kann indessen aus Cod. lat.
Mon. 7080, fol. 366 naehweisen, daß P>. bereits 1469 als Gründer der Wiener-
Hochschule angesehen wurde (s. Anhang 1, II meiner zweiten Studie).
Eine ähnliche Notiz in dem Druck nr. 15 von 1501, Bl. 1b (s. u. Teil III). —
Magister meus: Druck nr. 10, fol. M 3b, sp. 2 (1. II, qu. VI, art. I).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften