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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0012
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12

Gerhard Ritter:

- bis dahin überaus rege — Tätigkeit in der natio Anglicana fast
genau mit dem Zeitpunkt ab, in dem Marsilius dort eintritt1; er-
wuchs mit seinem Ruhme allmählich weit über die Genossen hinaus,
wurde bald im diplomatischen Aufträge Rudolfs IV. von Öster-
reich nach Avignon und später — als der geistige Begründer der
neuen Universität Wien (1365) — nach Österreich entführt, um
schließlich als deutscher Bischof seine glänzende Laufbahn zu enden.
Es scheint aber, daß er noch einige Jahre nach 1362 dem Theologie-
studium in Paris gewidmet hat2, und so dürfen wir uns bei der
engen landsmannschaftlichen Verbundenheit der Deutschen, die
sich aus allen Zeugnissen ergibt, ein fortdauerndes näheres Ver-
hältnis zu den alten Genossen auch nach 1362 vorstellen — um so
mehr, als sein Bruder Johann, Bremer Domherr und zur Zeit der
Rezeption des Marsilius gerade Prokurator der Nation, dieser nach-
weislich noch bis 1378 angehörte3. Noch enger aber und für das
spätere Schicksal des Marsilius entscheidend war seine Berührung
mit Heinrich von Langenstein, wohl dem einzigen eben-
bürtigen Genossen innerhalb der natio Anglicana. Ein paar Monate
nach der inceptio des Marsilius, im Februar 1363, erwarb Heinrich
den Grad des artistischen Bakkalars, stieg aber noch in demselben
Jahre bis zum Prokurator auf4. Seine in Paris entstandenen astro-
nomischen Schriften5 * zeigen ebenso wie die häufige Erwähnung im
Register der Nation in den nächsten 10 Jahren, daß er an den
artistischen Studien hervorragenden Anteil genommen hat: und
wenn er auch seit seiner Promotion zum Lizentiaten der Theologie
1 Letzte Erwähnung in den Akten der Nation: 1362, nov. 2 (Auct. I, 275).
2 Vgl. über ihn Auct. 1, Register, zul. Sp. 275. — Auct. III, p. 91, 93
\. 29 und Duhem I. 318 ff. Den Versuch Duhems, einen Albertus de Saxonia
und de Ricmestorp zu unterscheiden, betrachte ich mit Baumgartner (Über-
weg II 10 622) nach Vergleich der Quellenbelege als unzureichend begründet.
Übrigens war nach Chart. III, p. 135 nicht Albert, sondern Johann von Rie-
mestorp 1363 Rektor (gegen Duhem I, 327). — Das theologische Studium
(nicht Doktorat!) Alberts ergibt sich aus den päpstlichen Registern. S.Chart.III.
p. 93, N. 29. Aschbachs Angaben (p. 12) sind gänzlich unzuverlässig.
3 Auct. I 270, 358.
A Vgl. hierzu und zum Folgenden: Auct. 1. 279, 289, 478, 510, 530 und
öfters (Register), ferner Chart. III. p. 133, N. 14. Die Untersuchung Hartwigs
I, 2 ff. über die soziale Herkunft Langensteins wird u. a. durch die Tatsache
berichtigt, daß L. 1363 keinen ,,Wechsel“ (bursa) besaß und noch 1376 wegen
Geldschwierigkeiten Nachlaß von der Nation erhielt. Vgl. Auct. I, 279, 284, 485.
5 Ihre Untersuchung und Vergleichung u. a. mit Nik. v. Oresme wäre
sehr zu wünschen!
 
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