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Studien zur Spätscholastik. I.

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(um 1375) dem artistischen Lehrbetrieb ganz entzogen wurde, so
blieb er doch bis dahin Angehöriger der Nation. Der energische
und politisch begabte Mann genoß offenbar eine besondere Beliebt-
heit unter den Landsleuten: seine Tätigkeit als Schiedsrichter
zwischen streitenden Kollegen und noch 1378 als Fürsprecher der
Nation bei Kaiser Karl IV. zeigt ihn in ähnlichen Vertrauens-
stellungen, wie sie Marsilius zu bekleiden pflegte. Ein freund-
schaftliches Verhältnis scheint Langenstein mit Gerhard von
Kalkar verbunden zu haben, einem der ständigen Regenten der
natio Anglicana (1365 — 1382), der ihm später nach Wien nach-
folgte1. Der westfälische Theologe Heinrich von Oyta dagegen,
den man als Pariser Kollegen Langensteins anzuführen pflegt,
scheint sich nur ganz kurz und erst seit 1380 ständig hier auf-
gehalten zu haben; der natio Anglicana hat er vielleicht nur ein
paar Monate wirklich angehört2, da diese grundsätzlich nur Artisten
umfaßte, wenngleich der enge Zusammenhalt der Deutschen prak-
tisch dahin führte, daß auch Theologen Aufnahme und Unter-
stützung finden konnten, die ja fast immer auch die artistischen
Grade besaßen. Oft übten solche Mitglieder in der Nation keine
besondere Tätigkeit aus, sondern wollten nur die praktischen Vor-
teile der Korporation mitgenießen. Der Name des berühmtesten
niederländischen Theologen dieser Zeit, des Gerhard Groote
von Deventer, erscheint so neben dem des Marsilius auf dem
Rotulus von 13623
1 Brief an Langenstein, s. Üenifle, Univers. 1, 619. Hartwig I, 65
N. 1. Vgl. auch Auct. I, p. XLIII, N. 4.
2 Seine Zulassung zur natio Anglicanai wird 1377. Nov. 12 beantragt;
dabei wird er ausdrücklich als nicht in Paris Promovierter bezeichnet. 1378
jan. 11 erhält er einen Vertrauensauftrag der Nation, vermutlich als Theo-
loge, ist aber bereits 1378, April 22 wieder in Prag. 1380, Sept. 12 bittet er
dann (mündlich?) um Unterstützung der Universität und Nation im Kampf
um seine Osnabrücker Domherrnpfründe und findet sich in demselben Jahre
als lic. th. im Pariser theol. Licentiatenverzeichnis. Chart. III, p. 514, N. 4.
Auct. I 527, 530, 540, 592. Danach sind die früheren Angaben auch bei Baum-
gartner (Überweg II 10 627) zu berichtigen. 1383, Dez. 30 ist er Mitglied der
theol. Fak. in Prag, s. Sommerfeldt Mitt. 25, 581. — Oyta ist ein westfälischer,
nicht friesischer Ort, wie gewöhnlich versichert wird (nach frdl Mitteilg.
v. Prof. H. Oncken).
3 Chart. III, p. 92. — Außer den Genannten verdient hier noch eine
Erwähnung der ausWestphalen stammende Magister Themo, „Sohn des Juden“
genannt, dessen große Bedeutung als Physiker und Astronom erst kürzlich
durch Duhem (I 159 ff.) neu entdeckt ist. Er war noch 1360 Kassenwart und
Nuntius der Nation, wird aber seitdem nicht mehr genannt
 
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