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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0016
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Gerhard Ritter:

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bedrängt zu haben, wie so viele seiner Kollegen. Wenn er beim
Antritt der Magisterschaft seinen wöchentlichen Geldverbrauch auf
8 solidi angab, so war das vielleicht schon über dem Durchschnitt,
mindestens aber normal1. Dem entspricht der verhältnismäßig
hohe Geldverbrauch bei den zahllosen Gelegenheiten, die das
akademische Leben diesen trinkfesten Rheinländern zu einer fröh-
lichen Feier bot, sei es nun ein Frühschoppen (prandium) oder eine
,,Fuchsenfeier“ (beiaunium), ein „Willkommen“ (propina) oder ein
„Lebewohl“ (bene valete), sei es die Feier des Genossenschafts-
patrones, des heiligen Edmund, dessen Jahrestag etwa in der Art
eines heutigen studentischen Stiftungsfestes mit besonders großem
Kommerse begangen werden mußte, oder auch ein Zutrunk ohne
besonderen Anlaß, einfach weil die Kasse des Magisterkollegiums
einmal ausnahmsweise wieder Geld hatte, das vertrunken werden
mußte (per polare)2 3. Die Leistungsfähigkeit der venerabiles magistri
in diesen Dingen ist in der Tat erstaunlich (von den Scholaren
erfahren wir nichts Näheres), und soweit Pariser Topographie in
Frage kommt, unterrichten uns die Akten der natio Anglicana
über nichts so genau, wie über die Schenken: „zum Bilde der
heiligen Jungfrau“, „zu den zwei Schwertern“, „zum Ritter“, und
wie sie alle heißen1. Wer das deutsche Bürgertum des ausgehenden
Mittelalters kennt, wird nicht erstaunt sein, daß diesen feuchten
Genüssen ein ebenso ausgiebiges Schwelgen in Festmählern ent-
sprach, und auch Marsilius verstand sich offenbar vortrefflich auf
den Einkauf von Fischen und die Vorbereitung festlicher Schmäuse4.
Unzweifelhaft wußte er fröhlich zu sein mit den Fröhlichen, und
wenn er, ohne ängstliches Rechnen, für einen sparsamen jüngeren
Kollegen, der sich zu zahlen weigerte, beim Wirte gut sprach,
damit das „bejaunium“ nicht etwa ausfallender wenn er der stets
bedürftigen Kasse der Nation mit Vorschüssen aushalf5, so erhöhten
1 Auct. 1 272. Die Berechnung der Taxen erfolgte auf Grund des Wochen-
wechsels (bursa.)
2 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Auct. I. 273 (Feier des Magisteriums),
289 (Feier der ersten Prokuratorenwahl); 330 (Abschiedsschmaus 1369); 397 — 8,
403 (Willkommtrünke 1371 u. Abrechnung); 426 (Kosten bei der Feier der
2. Prokuratenwahl, höher als üblich); 483 (eingegangenes Geld sofort ver-
trunken).
3 Denifle zählt Auct. I, p. LVI nicht weniger als 40 meist öfter be-
suchte Lokale auf.
4 Auct. I, 405, 460, 498.
5 Auct. I, 497 — 8; Vorschüsse: ibid. 426, 465, 314.
 
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