Studien zur Spätscholastik. I.
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Die Darstellung der allgemeinen geschichtlichen und der beson-
deren politischen Zusammenhänge, in denen die Gründung der
Universität Heidelberg erfolgte, muß der Geschichte dieser Hoch-
schule selbst überlassen bleiben. Auch die organisatorische Tätig-
keit ihres ersten Rektors habe ich im einzelnen erst dort zu erörtern.
Hier soll nur in den Hauptzügen der engere Lauf seines Lebens
weiter verfolgt werden.
Obgleich uns die Motive des alten Pfalzgrafen Ruprecht I. für
die Stiftung seiner Universität nicht ausdrücklich überliefert sind,
so ist doch keine Frage, daß die bewußte Gegnerschaft gegen das
avignonesische Papsttum dabei eine höchst wesentliche Rolle ge-
spielt hat. Keiner unter den deutschen Fürsten hat mit solcher
Entschiedenheit den Kampf mit diesem Gegner geführt wie der
Pfälzer. Die Gefahr des kirchlichen Schismas wurde hier am Rhein
unmittelbar zu einer politischen: am Bodensee, im Elsaß, in Loth-
ringen, in der Westpfalz und endlich am Niederrhein — überall
bedeutete der Abfall nach Avignon zugleich ein Vordringen fran-
zösischen Einflusses. W ährend des Kampfes mit dem schismati-
schen Erzbischof Adolf von Mainz (1380), in dessen Diözese fast
gleichzeitig Clemens VII. die Universität Erfurt zu begründen
suchte und dessen Ernennung für Speier das Schisma in Ruprechts
nächste Nähe trug, war die kirchliche Verwirrung in den Ländern
des Kurfürsten ganz unerträglich geworden1. Dem gegenüber gab
es für den Pfälzer nur eine Politik: Stärkung und Ausbreitung der
römischen Obedienz mit allen Mitteln. Sein Schreiben an den
französischen König von 1379, seine Haltung auf den Reichstagen
der nächsten Jahre, seine führende Rolle in dem „Urbans-
bunde“ von 1379 und dem späteren Weseler „Kurfürstenbund“ zur
Abwehr des Schismas — das alles läßt an seinen politischen Ab-
sichten gar keinen Zweifel. In diesem Zusammenhang mögen die
Wormser Prälaten den Pfalzgrafen unmittelbar auf Marsilius von
Inghen als Gehilfen bei der Begründung der geplanten urbani-
stischen Universität hingewiesen haben2. Freilich vertrat dieser die
Gefolgschaft des römischen Papstes viel entschlossener als Langen-
stein und Konrad von Gelnhausen. Aber eben darum war er der
rechte Mann für die Pläne Ruprechts I.
1 Flugschrift aus der Mainzer Diözese um 1380, hg. v. Bliemetzrieder
Mitt. 30, 509; ähnlich das Chronicon Maguntinum, ed. Hegel, p. 45/6.
2 Über Gelnhausens Schreiben an Ruprecht I. 1380/1 s. o. p. 28. Über
Heinrich von Langensteins Sendschreiben an den Pfalzgrafen von 1390/1 s.
Anhang 1.
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Die Darstellung der allgemeinen geschichtlichen und der beson-
deren politischen Zusammenhänge, in denen die Gründung der
Universität Heidelberg erfolgte, muß der Geschichte dieser Hoch-
schule selbst überlassen bleiben. Auch die organisatorische Tätig-
keit ihres ersten Rektors habe ich im einzelnen erst dort zu erörtern.
Hier soll nur in den Hauptzügen der engere Lauf seines Lebens
weiter verfolgt werden.
Obgleich uns die Motive des alten Pfalzgrafen Ruprecht I. für
die Stiftung seiner Universität nicht ausdrücklich überliefert sind,
so ist doch keine Frage, daß die bewußte Gegnerschaft gegen das
avignonesische Papsttum dabei eine höchst wesentliche Rolle ge-
spielt hat. Keiner unter den deutschen Fürsten hat mit solcher
Entschiedenheit den Kampf mit diesem Gegner geführt wie der
Pfälzer. Die Gefahr des kirchlichen Schismas wurde hier am Rhein
unmittelbar zu einer politischen: am Bodensee, im Elsaß, in Loth-
ringen, in der Westpfalz und endlich am Niederrhein — überall
bedeutete der Abfall nach Avignon zugleich ein Vordringen fran-
zösischen Einflusses. W ährend des Kampfes mit dem schismati-
schen Erzbischof Adolf von Mainz (1380), in dessen Diözese fast
gleichzeitig Clemens VII. die Universität Erfurt zu begründen
suchte und dessen Ernennung für Speier das Schisma in Ruprechts
nächste Nähe trug, war die kirchliche Verwirrung in den Ländern
des Kurfürsten ganz unerträglich geworden1. Dem gegenüber gab
es für den Pfälzer nur eine Politik: Stärkung und Ausbreitung der
römischen Obedienz mit allen Mitteln. Sein Schreiben an den
französischen König von 1379, seine Haltung auf den Reichstagen
der nächsten Jahre, seine führende Rolle in dem „Urbans-
bunde“ von 1379 und dem späteren Weseler „Kurfürstenbund“ zur
Abwehr des Schismas — das alles läßt an seinen politischen Ab-
sichten gar keinen Zweifel. In diesem Zusammenhang mögen die
Wormser Prälaten den Pfalzgrafen unmittelbar auf Marsilius von
Inghen als Gehilfen bei der Begründung der geplanten urbani-
stischen Universität hingewiesen haben2. Freilich vertrat dieser die
Gefolgschaft des römischen Papstes viel entschlossener als Langen-
stein und Konrad von Gelnhausen. Aber eben darum war er der
rechte Mann für die Pläne Ruprechts I.
1 Flugschrift aus der Mainzer Diözese um 1380, hg. v. Bliemetzrieder
Mitt. 30, 509; ähnlich das Chronicon Maguntinum, ed. Hegel, p. 45/6.
2 Über Gelnhausens Schreiben an Ruprecht I. 1380/1 s. o. p. 28. Über
Heinrich von Langensteins Sendschreiben an den Pfalzgrafen von 1390/1 s.
Anhang 1.