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Gerhard Ritter:

1501 ausdrücklich den Gebrauch seiner Abhandlungen über conse-
quentiae, obligatoria und insolubilia und der kleinen physikalischen
Schriften im akademischen Unterricht vor1; gelegentlich wird die
via moderna geradezu via Marsiliana genannt2. Aber auch auf
andern deutschen Universitäten der „modernen“ Richtung fand
seine Lehre eifrige Pflege, wie die große Zahl der Handschriften
der Amploniana für Erfurt und die Wiener Abschriften und Drucke
für die dortige Universität beweisen. Die Betrachtung der bei
Pr an tl aufgezählten logischen Druckschriften der „Modernen“
zeigt schon an den Titeln, daß Marsilius für die deutsche Logik
noch um 1500 eine ähnliche Stellung einnahm wie etwa Paulus
Venetus für die italienische, Buridan für die französische3. Das ist
begreiflich. Er stand am Anfang einer selbständigen deutschen
Schultradition und wirkte persönlich auf eine Schülergeneration
ein; demgegenüber besaß nur die Kölner Universität eine eigene
alte Lehrtradition von den Dominikanerstudien her und hielt folge-
recht gegen die Modernen an ihr fest, als Hochburg des Albertismus
und Thomismus, während Prag und Leipzig mehr abseits von diesen
Gegensätzen ältere und neuere Lehrstoffe nebeneinander pflegten.
Betrachtet man dies Überwuchern des Interesses an der
Logik, das die ganze Spätscholastik, insbesondere aber die
deutsche kennzeichnet, so erscheint es doppelt bemerkenswert,
daß die naturwissenschaftlichen Schriften des Marsilius
von Inghen noch um 1500 in Frankreich und vor allem in Italien
vielfache Druckausgaben erlebten4. In der Tat ergibt sich aus den
vergleichenden Studien Duhems, daß unser Philosoph nicht nur
den deutschen Universitäten die physikalischen Lehren der „Mo-
dernen“ vermittelt hat, sondern auch in Italien als einer der wich-
tigsten Vertreter der Pariser Schule noch lange Beachtung fand:
bei den averroistischen Gegnern wie Nicoleto Vernias und bei ver-
mittelnden Gelehrten wie Gaetan von Tiena, Jakob de Forli (Gia-
como della Torre) und Paulus Venetus, die stark von ihm beein-
flußt wurden; für das Fortwirken seines Einflusses in Frankreich
zeugen die physikalischen Schriften des Scotisten Petrus Tarta-
retus wie die Lehren der Pariser Eklektiker des 16. Jahrhunderts:

1 A. f. a. III, 7b.
2 Ad illustr. Bavarie ducem usw. (1499). Bl. 2b.
3 Prantl IV, 185 ff. N. — Auf französischen Bibliotheken konnte
ich bisher keine Hss. des M. v. I. nachweisen.
4 Druck nr. 1, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14.
 
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