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Gerhard Kitter:

dieser Theorie glauben konnten, mit ihrem philosophischen Vorbild
in Einklang zu stehen. Daß letztlich das reale Einzelding substan-
tiellen Wert besitzt, und daß andererseits die Wissenschaft im
strengen Sinne nur auf abstraktiven Sätzen allgemeiner Art fußt
- das entsprach ganz den Grundsätzen ihrer Lehre. Und was die
Metaphysik im besonderen betrifft, so hielten sie an dem eigent-
lichen Fundament der peripatetischen Theorie fest: die Verstandes-
tätigkeit dringt in das Wesen der Dinge ein; mögen es auch nicht
die Dinge selbst sein, die ihr unmittelbar als Material dienen,,
sondern nur ihre „Zeichen“ oder „Begriffe“, so steht doch fest
(sowenig das auch noch erklärt sein mag), daß die Wesenheit der
Dinge selbst, nicht ein leeres Begriffsspiel in der Abstraktion der
Metaphysik zur Darstellung kommt. Die Übereinstimmung von
logisch richtigem Denken und außermentaler Wirklichkeit steht
außer Zweifel. Marsilius spricht wohl gelegentlich davon, die Meta-
physik habe den abstrakten Begriff „Sein“ zum Gegenstand1 (also
nicht das Sein selber); aber im Grunde ist es ihm nicht zweifel-
haft, daß damit zugleich eine Erkenntnis wirklichen „Seins“ gegeben
ist. Oder wenn er den Begriff der Substanz so definiert, daß sie
nicht als realer Träger akzidenteller Bestimmungen, sondern nur
als Subjekt akzidenteller Aussagen (Prädikate) im Urteil zu denken
sei, so hindert ihn das nicht, über die Substantialität des göttlichen
Wesens ausgiebig zu philosophieren2.
Diese reale Bedeutung der begrifflichen Abstraktionen tritt
auch im einzelnen hervor, so z. B. in der Auffassung der Natur-
kräfte. Rein als Möglichkeit natürlicher Kausalwirkungen betrach-
tet, sind sie Allgemeinbegriffe, also bloß psychische Realitäten;
ihrer Tätigkeit nach (actu) dagegen sind sie äußere Wirklichkeit,
die sich aus lauter Einzelvorgängen an Einzeldingen zusammen-
setzt und erst in der abstraktiven Bearbeitung der hierdurch ent-
stehenden Einzelbegriffe durch den Verstand zu einer Einheit ver-
schmilzt3. Der Allgemeinbegriff ist das ergänzende Gegenbild der
Wirklichkeit und als solches unentbehrlich.
1 L. II, qu. 4, Bl. 21, c: Iste terminus ,,ens“ consideratus in sua communi-
tate est subjectum huius seiende.
2 lib. senk I, qu. 12, a. 2, no. 4, Bl. 58, d; zitiert bei Prantl, IV, 94.
no. 369.
3 L. I, qu. 6, a. 2, Bl. 10, co. 1: Omnis potentia naturalis inquantum
considercitur sub sola racione potencie, est universalium et non singularium . . .
ut ealefaetwum individualiter quodlibet calefactibile natum est calefacere . . .
Co. 2: Potencia naturalis inquantum conjungitur actui est circa singularia, patet
 
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