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Gradenwitz, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0007
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Vorgeschichte.
Kaiser Wilhelm II. hatte den Fürsten Bismarck noch zum
1. April 1890 — 12 Tage nach der Entlassung — beglückwünscht
und ihn zu Weihnachten 1890 beschenkt, zum 1. April im Jahre
1891 und 1892 aber geschwiegen; dagegen sandte er dem Grafen
Herbert und dessen Braut, der Komtesse Hoyos, auf die Anzeige
von der Verlobung im April 1892 ein Glückwunschtelegramm. Auf
dieses hin tauchten Zeitungsartikel auf, die über eine Annäherung
orakelten, und zugleich die Übernahme eines Botschafterpostens
durch den im Jahre 1890 freiwillig und gegen den kaiserlichen
Wunsch zurückgetretenen Staatssekretär erwogen — vielleicht in
der Absicht, die als möglich hingestellten Ereignisse durch Provo-
kation von Dementis zu verhindern. Es erschien denn auch am
17. Mai ein Artikel in der Münchener Allgemeinen Zeitung, und am
18. Mai ein solcher in den Hamburger Nachrichten, von denen der
erste die Annahme eines Botschafterpostens für unmöglich erklärte,
,,so lange die jetzige Leitung der deutschen auswärtigen Politik
fortdauere“; der zweite nach ähnlichen Erwägungen über den
Grafen folgendes ausführt: „ein Streit, der durch „Versöhnung“
beizulegen wäre, könne zwischen dem Monarchen und einem frü-
heren Minister niemals Platz greifen. Den früheren Kanzler aber
neben den amtlichen und verantwortlichen Ministern als nicht-
verantwortlichen Rathgeber der Krone in Aussicht zu nehmen —
dieser Gedanke sei undurchführbar.“ Zufolge solcher Artikel verlor
sich in Berlin die Hoffnung wie die Furcht, daß Fürst Bismarck
einen entgegenkommenden Schritt tun werde — der Fürst hielt
den Standpunkt fest, den er noch am 20. Dez. 92 (Lucius S. 588)
also formulierte: „Ich, sehe die Sache so an, daß ich bei dem Monar-
chen in Ungnade gerathen bin, und diesen Zustand kann ich
meinerseits ebensowenig ändern wie das Wetter.“
Indes Graf Waldersee, der, weil nicht mehr Generalstabschef,
sondern Kommandierender General in Altona, la rage au coeur,
mit Bismarck Besuch und Gegenbesuch ausgetauscht hatte, glaubte
Anfang Juni 1892 in Kiel, wo er dem Kaiser und dem Zaren auf-
wartete, und Frhr. v. Marschall das Auswärtige Amt vertrat, eine
 
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