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Gradenwitz, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0010
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10

O. Gradenwitz:

Bismarckreise so stark wurde, daß er das Revirement der Diplo-
maten durchführen konnte. — 8. Juni Rückkehr des Kaisers aus
Kiel, 9. und 10. Vortrag Caprivis, 9. Erlaß nach Wien, 10. Kaiserbrief
an Waldersee, 13. Antwort des letzteren. — Welchen Einfluß
Frhr. v. Marschall dabei nahm, läßt sich nur mutmaßen aus seinem
verschärfenden Eingreifen in die Wiener und in die Münchener
Affäre (Urkunde Nr. 5, Nr. 20, Nr. 46).
Die Rundfahrt selbst.
,,Als die Reise nach Wien feststand,“ hatte, auf eine Initiative
aus Friedrichsruh, die Gemahlin des Botschafters inWien, Prinzessin
Reuß, es übernommen, wegen einer Audienz zu sondieren, und eine
mehr als zustimmende Antwort des Kaisers Franz Joseph über-
mittelt* 1. Nach Dresden und München hatte Bismarck sich ent-
schuldigt, daß er bei den Landesherren wegen der Kürze der Zeit
seines Aufenthaltes schicklicherweise sich nicht melden könne.
Der Kaiserlich deutsche Botschafter am Wiener Hofe, Prinz
Heinrich VII. Reuß, stand im Begriff, in sein 67. Lebensjahr zu
treten; aus seiner Sorge für den ,,allergnädigsten Herrn“ klingt ein
fast väterlicherTon (Nr.6T0, Nr.7J); er hatte imAuswärtigenAmtunter
Bismarck gearbeitet und seine Briefe an Bismarck aus Petersburg,
als er 1867 Botschafter war, sind von einer ritterlichen und respekt-
vollen Zuneigung für den „verehrtesten Chef“ getragen; der Stil
ist klar und graziös: ,,Trepoff theilte mir ein Raisonnement des
großen Publikums mit, welches ich auch selbst oft über die Reise
gehört habe und Ihnen doch nicht vorenthalten will. Man ist all-
gemein gegen die Reise des Kaisers2. Da der König von Preußen
aber mit dem Kaiser gehen will, und Graf Bismarck dies dem König
gerathen haben wird, so muß es nichts Dummes sein; also mag
der Kaiser reisen.“3 — Seine Privatbriefe an den neuen Chef
v. Caprivi tragen die strengen Kurialien, und er benutzt den auch
bei Bismarck als Botschafter häufigen Paravent, seine Meinung dem
eigenen Minister durch Worte, die Graf Kalnoky ihm gesagt, zu
insinuieren. Er ist älter an Jahren als Caprivi, Diplomat von Metier,
schwer geworden, sich hierbei vom Fürsten abzuwenden, daß wenig hin-
reichen wird, um einen Rückfall hervorzurufen“. — Vielleicht erwog er,
daß durch einen Zufall der Kaiserbrief an die Öffentlichkeit kommen konnte.
1 Hofmann, Fürst Bismarck, 1, S. 78.
2 Zur Pariser Weltausstellung.
3 Bismarcks Briefwechsel, 2, S. 408.
 
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