Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.
9
schriftlichem Wege direkt an mich seine Bitte oder Wunsch for-
mulieren, wieder mit mir in Beziehung zu treten.“ Ein erster
Schritt hätte auch in einer Erklärung liegen können wie der an
Kälnoky (Nr. 287), die Bismarck öffentlich Dr. Benedikt gegen-
über wiederholt hat; ein Brief mit ausdrücklicher Bitte nähert sich
der „Abbitte“, von der Graf Eulenburg schreibt (Nr. 47J) und dem
„peccavi“ des Potsdamer Kaiserbriefes, es ist also eine wesentliche
Erschwerung gegenüber Kiel beliebt worden. Wußte Graf Eulenburg
von dem kaiserlichen Schreiben vom 10., so ist es leicht erklär-
lich, daß er ,,in der Lage war, dem Herrn Minister den Stand-
punkt Seiner Majestät in der sogenannten „Versöhnungsfrage“
mitzutheilen, d. h. das absolute Festhalten Seiner Majestät an
dem vom Fürsten Bismarck zu thuenden ersten Schritt mit ent-
sprechender Abbitte.“ (Urkunde Nr. 48h) Vielleicht führen die
Aufzeichnungen des Grafen Waldersee über die Unterhaltung auf
dem Schiff von Kiel hier weiter. — Daß Graf Waldersee zu den
Herren gehört, von denen am Schluß des Kaiserbriefes an
Franz Joseph die Bede ist, als „zur Vermittlung stets bereiten
Leuten“, steht jetzt fest. Es liegt nahe, daß nach und nach
die durch den Grafen eingeleitete Annäherungs-Aktion den
Grafen Caprivi entwurzeln, und dem Vermittler einer dem Kaiser
und dem Volke wohlgefälligen Versöhnung die Nachfolger-
schaft sichern konnte; durch diese Erwägung wird Graf
Caprivi („hielt ich Vortrag“)1 mit veranlaßt worden sein, dem
Kaiser das Konterdampf gebende Schreiben anzuraten, — der
wirkliche Beichskanzler der Zukunft, Fürst Hohenlohe, hielt in
dieser Zeit zu Caprivi2, dessen Stellung beim Kaiser3 während der
1 Hamann, Der neue Kurs, S. 37. — Indem Graf Caprivi die Versöhnung
von einem Bitt- oderWunschbrief des Fürsten abhängig machte, knüpfte er sie an
eine unmögliche Bedingung, wie der Jurist es ausdrückt. Glaubte er, daß Bis-
marck den Schritt nicht tun würde, so war es ein ähnliches Spiel, wie einst, als
Bismarck eine auswärtige indiskutable Zumutung unter der Bedingung akzep-
tierte, daß sein König zustimmen würde und dann im Freundeskreise
sagte, sein König hätte ihm schon versprochen gehabt es nicht zu erlauben,
und wie im Juli 1870 die Minister Victor Emanuels diesem eine Betätigung
seiner Aktionslust durch die Schachzüge betreffend die französische Besatzung-
Roms nicht nur beeinträchtigten, sondern vereitelten.
2 Hohenlohe 2, S. 488—490.
3 Wie wenig sicher Caprivi sich sonst fühlte, zeigt seine Bemerkung
zu dem Bericht des Auswärtigen Amtes an S. M. über günstige Presse nach
Veröffentlichung der Erlasse: „Abgeschlossen ist die Sache aber noch nicht
und es ist sicherlich einem sehr großen Teil der öffentlichen Meinung so
9
schriftlichem Wege direkt an mich seine Bitte oder Wunsch for-
mulieren, wieder mit mir in Beziehung zu treten.“ Ein erster
Schritt hätte auch in einer Erklärung liegen können wie der an
Kälnoky (Nr. 287), die Bismarck öffentlich Dr. Benedikt gegen-
über wiederholt hat; ein Brief mit ausdrücklicher Bitte nähert sich
der „Abbitte“, von der Graf Eulenburg schreibt (Nr. 47J) und dem
„peccavi“ des Potsdamer Kaiserbriefes, es ist also eine wesentliche
Erschwerung gegenüber Kiel beliebt worden. Wußte Graf Eulenburg
von dem kaiserlichen Schreiben vom 10., so ist es leicht erklär-
lich, daß er ,,in der Lage war, dem Herrn Minister den Stand-
punkt Seiner Majestät in der sogenannten „Versöhnungsfrage“
mitzutheilen, d. h. das absolute Festhalten Seiner Majestät an
dem vom Fürsten Bismarck zu thuenden ersten Schritt mit ent-
sprechender Abbitte.“ (Urkunde Nr. 48h) Vielleicht führen die
Aufzeichnungen des Grafen Waldersee über die Unterhaltung auf
dem Schiff von Kiel hier weiter. — Daß Graf Waldersee zu den
Herren gehört, von denen am Schluß des Kaiserbriefes an
Franz Joseph die Bede ist, als „zur Vermittlung stets bereiten
Leuten“, steht jetzt fest. Es liegt nahe, daß nach und nach
die durch den Grafen eingeleitete Annäherungs-Aktion den
Grafen Caprivi entwurzeln, und dem Vermittler einer dem Kaiser
und dem Volke wohlgefälligen Versöhnung die Nachfolger-
schaft sichern konnte; durch diese Erwägung wird Graf
Caprivi („hielt ich Vortrag“)1 mit veranlaßt worden sein, dem
Kaiser das Konterdampf gebende Schreiben anzuraten, — der
wirkliche Beichskanzler der Zukunft, Fürst Hohenlohe, hielt in
dieser Zeit zu Caprivi2, dessen Stellung beim Kaiser3 während der
1 Hamann, Der neue Kurs, S. 37. — Indem Graf Caprivi die Versöhnung
von einem Bitt- oderWunschbrief des Fürsten abhängig machte, knüpfte er sie an
eine unmögliche Bedingung, wie der Jurist es ausdrückt. Glaubte er, daß Bis-
marck den Schritt nicht tun würde, so war es ein ähnliches Spiel, wie einst, als
Bismarck eine auswärtige indiskutable Zumutung unter der Bedingung akzep-
tierte, daß sein König zustimmen würde und dann im Freundeskreise
sagte, sein König hätte ihm schon versprochen gehabt es nicht zu erlauben,
und wie im Juli 1870 die Minister Victor Emanuels diesem eine Betätigung
seiner Aktionslust durch die Schachzüge betreffend die französische Besatzung-
Roms nicht nur beeinträchtigten, sondern vereitelten.
2 Hohenlohe 2, S. 488—490.
3 Wie wenig sicher Caprivi sich sonst fühlte, zeigt seine Bemerkung
zu dem Bericht des Auswärtigen Amtes an S. M. über günstige Presse nach
Veröffentlichung der Erlasse: „Abgeschlossen ist die Sache aber noch nicht
und es ist sicherlich einem sehr großen Teil der öffentlichen Meinung so